- Report 1/2006
Informationsbrief
der INTERNATIONALEN LIGA
FÜR MENSCHENRECHTE
Berlin, März/April 2006
Liebe Mitstreiterinnen und
Mitstreiter!
Im vorliegenden Liga-Report ist die Tätigkeit der Liga der
letzten Monate seit letzten November dokumentiert. Er wird zur Liga-Mitgliederversammlung
am 29. März 2006 vorgelegt und ist Teil des Tätigkeitsberichts.
Schwerpunkte bilden dieses Mal die
Ossietzky-Medaillen-Verleihung 2005, die aktuellen Auseinandersetzungen um den
Iran sowie Prozessbeobachtungen, die die Liga durchgeführt hat, weil es sich um
Fälle von grundsätzlicher Bedeutung handelt – etwa um das neue, bundesweit
einzigartige Berufsverbot, das gegen einen Heidelberger Realschullehrer wegen
dessen antifaschistischer Betätigung erlassen wurde.
Noch ein Wort in eigener Sache:
Die Liga hat bei ihrer derzeitigen personellen Situation größte
Schwierigkeiten, die täglichen Büroangelegenheiten zu erledigen. Auf das
äußerste angespannt wird die Situation bei besonderen Anlässen, so bei der
Preisverleihung und etwa Ende März, wenn sie Gastgeber eines überregionalen
Treffens von Bürgerrechtsorganisationen ist. Wir sind finanziell weiterhin
nicht in der Lage, uns auch nur durch ein Teilzeit-Engagement aus der Klemme zu
befreien. Es wäre geholfen, wenn das eine oder andere Mitglied Zeit fände, sich
an der Erledigung der oft keineswegs langweiligen Büroarbeit zu beteiligen.
Auch eine stärkere Beteiligung von Mitgliedern an der konzeptionellen Arbeit,
an der Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen würde die Liga weiter
stärken und nicht zuletzt wäre es schön, wenn mehr Mitglieder den Liga-Report als ihr eigenes Publikationsorgan
begreifen und sich mit Beiträgen an ihm beteiligen würden.
Kilian Stein/Rolf Gössner Berlin, März 2006
„Man muss das Unrecht auch mit
schwachen Mitteln bekämpfen“
(Bertold Brecht, Aufsätze über
den Faschismus)
Diese Verpflichtung gilt - mit
leider wieder zunehmender Dringlichkeit - nach wie vor. Die Liga versucht, ihr
nachzukommen und ist auf Ihre Hilfe angewiesen. Wir bitten deshalb um Spenden
auf
Bank für
Sozialwirtschaft, Kto 33 17 100; BLZ 100 205 00
I n h a l t
Einleitung.................................................................1
Carl-v-Ossietzky-Medaillen-Verleihung 2005 ........2
Liga weist Vorwürfe gegen „´Die Arche“ zurück....3
Zivilcourage gegen staatliches Unrecht (Gössner) ..4
Kinderrechte kennen keine Grenzen (Appell)..........5
Hintergrund-Themen
Bundesrepublik
Schäubles Horrorliste (Rolf
Gössner)........................7
Liga: Große Koalition bringt Bürgerrechte in Gefahr..8
Tag des Gedenkens an die Opfer
des Nationalsozialismus (Lore Kujawa) ......................9
International
Iran
Keinen Krieg gegen den Iran -
für eine politische Lösung! (Aufruf) ............................9
Diskussionsbeitrag zum Aufruf
„Keinen Krieg gegen den Iran“ (Mila
Mossafer).....10
Iranische Polizei misshandelt Frauen bei Demonstration
zum Frauentag (Liga-Presseerklärung) .......12
Türkei
Soziologin Selek droht lebenslange Freiheitsstrafe
...13
Liga-Prozessbeobachtungen
I. Berufungsverfahren der fünf Kubaner (USA)
JW-Gespräch mit RA Eberhard Schultz .............15
II. Hausverbot für Abschiebegegner auf Flughafen
Liga gegen Suspendierung
der Meinungs-
und Versammlungsfreiheit für
Abschiebegegner..16
Überall, wo Menschenrechte
verletzt werden,
ist Protest nötig (Aufruf)
.......................................16
Sand im Getriebe
unerwünscht – Grundrechte
im Flughafen außer Kraft (Rolf
Gössner).............17
III. Berufsverbotsfall vor Gericht ..........................19
Bürgerrechtsgruppen
beobachten Berufsverbots-
Verfahren vor VG
Karlsruhe................................19
Berufsverbotsurteil: „Falsches Signal“ (PM) ......22
10.000 Stimmen gegen
Berufsverbote (Aufruf)....23
Verfassungsschutz-Beobachtung
Liga protestiert gegen geheimdienstliche
Überwachung ihres Präsidenten ................................23
35 Jahre vom Verfassungsschutz überwacht (FR).....25
Bürgerrechtler will seine Akte sehen (taz) ................26
Protest der Neuen Richtervereinigung (NRV)............26
„Muslim-Test“
Baden-Württemberg
"Inquisitorische" Gewissensfragen (taz-Nord)...........28
Kooperationen & Aufrufe
Kein Wahlkampf auf dem Rücken von Migrantinnen
und Migranten! (Aufruf) ..........................................28
Hier geblieben! Appell für Bleiberechtsregelung ......29
Rechtshilfefonds für Abschiebungshäftlinge in Berlin
und Brandenburg (Auswertung).................................30
Nachrufe
Zum Tod von Carola Stern (v. Lore Kujawa).............31
Annemarie Friedrich / BI Freie Heide .......................32
Termine/Literatur/Hinweise ab........................... 32
Impressum ............................................................. 34
Auszeichnung für Zivilcourage und
soziales Engagement für Kinder
Carl-von-Ossietzky-Medaillen-Verleihung 2005
Am 11. Dezember 2005 hat die Liga
im Berliner Haus der Kulturen der Welt die Carl-von-Ossietzky-Medaille
an die beiden Berliner Lehrerinnen Mechthild Niesen-Bolm und Inge Wannagat
sowie an das Kinder- und Jugendwerk „Die Arche“ in Berlin verliehen.
Mit diesen Ehrungen wollte die
Liga – die sich nicht nur den klassisch-bürgerlichen, sondern auch den sozialen
Menschenrechten verpflichtet fühlt – auf die zunehmende soziale Kälte in unserer
Gesellschaft und den fortschreitenden Abbau des Sozial- und Rechtsstaates
aufmerksam machen. Der menschenwürdige Umgang mit Kindern, ihr Schutz vor Armut
und sozialer Kälte, vor Ausgrenzung und Abschiebung ist das gemeinsame Element,
das die zu Ehrenden verbindet.
Frau Niesen-Bolm und Frau Wannagat wurden für ihr entschlossenes
und mutiges Handeln ausgezeichnet, durch das sie, zusammen mit Schülerinnen und
Schülern, die Abschiebung der seit zehn Jahren in Berlin lebenden 13jährigen
Schülerin Tanja Ristic nach Bosnien verhindern konnten. Die vom Bürgerkrieg
traumatisierte Tanja war ohne Vorwarnung von der Polizei aus dem Unterricht
herausgeholt und in Abschiebehaft genommen worden. Die beiden Lehrerinnen
stehen mit ihrem vorbildlichen Einsatz stellvertretend für andere Lehrer und
Schüler sowie für Gruppen, die sich hierzulande für Flüchtlinge einsetzen, sich
gegen deren Diskriminierung und Ausgrenzung engagieren.
„Die Arche“ ist für ihr umfassendes ehrenamtliches
Engagement zur Bekämpfung der Armut, des Hungers und der Perspektivlosigkeit
von sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen geehrt worden. Mit ihrer
Arbeit stärken die „Arche“-HelferInnen die Menschenwürde Hunderter von Kindern
und ihrer Familien, die an den Rand dieser Gesellschaft gedrängt wurden – einer
Gesellschaft, die bekanntlich zu den reichsten der Welt gehört. Diese Arbeit
ist mehr als „nur“ karitativ – sie ist für viele der Betroffenen geradezu
überlebensnotwendig und eröffnet ihnen Chancen und Perspektiven, die ihnen
sonst hierzulande verwehrt wären.
Die Reden anlässlich der Verleihung sind zu finden unter www.ilmr.de (Rubrik: „Die
Carl-von-Ossietzky-Medaille“). Im Laufe des Jahres werden sie auch in einer
Dokumentation veröffentlicht (Bezug über Liga-Büro, s. Impressum).
>Social-Times<
Preise
für Mitmenschlichkeit und Zivilcourage
Ossietzky-Medaille
für Kinderzentrum «Arche»
Berlin (epd). Das christliche Kinder- und Jugendwerk «Arche» in Berlin
ist neuer Preisträger der Carl-von-Ossietzky- Medaille der "Internationalen
Liga für Menschenrechte". Außerdem wurden die beiden Lehrerinnen Mechthild
Niesen-Bolm und Inge Wannagat ausgezeichnet, die mit ihren Schülern die Abschiebung
der 13-jährigen Bosnierin Tanja Ristic verhindert haben.
Für sein Engagement zur Bekämpfung von Kinderarmut wird das
christliche Kinder- und Jugendwerk «Arche» in Berlin am Sonntag mit der
Carl-von-Ossietzky-Medaille ausgezeichnet. Die Einrichtung setze sich für die
Stärkung der Menschenwürde von Familien am Rand der Gesellschaft ein, erklärte
die Internationale Liga für Menschenrechte. Ausgezeichnet werden zudem die
beiden Berliner Lehrerinnen Mechthild Niesen-Bolm und Inge Wannagat. Sie hatten
zusammen mit ihren Schülern die Abschiebung der 13-jährigen Bosnierin Tanja
Ristic verhindert.
Die Ossietzky-Medaille wird seit 1962 jährlich von der Liga zum
Internationalen Tag der Menschenrechte an Personen und Gruppen verliehen, die
sich um die Verteidigung der Menschenrechte und den Frieden besonders verdient
gemacht haben. Die Auszeichnung erinnert an den Friedensnobelpreisträger und
Pazifisten Carl von Ossietzky, der 1938 an den Folgen der KZ-Haft gestorben
ist.
Das Jugendfreizeitprojekt «Arche» wurde 1995 von Pastor Bernd
Siggelkow gegründet. Es bietet nach eigenen Angaben in einer umgebauten Schule
täglich bis zu 300 Besuchern im Alter zwischen drei und 19 Jahren unter anderem
Nachhilfeunterricht und Hausaufgabenbetreuung sowie Tanzworkshops Kindergottesdienste,
Theaterkurse und Ferienfahrten an. In der umgebauten Schule betreibt die
«Arche» seit 2001 zudem Deutschlands erste Suppenküche für bedürftige Kinder.
Zum Schuljahr 2006/2007 soll eine Grundschule für sozial benachteiligte Kinder
eröffnet werden.
Das Schicksal der bosnischen Familie Ristic aus Berlin machte im
vergangenen Jahr Schlagzeilen. Am 12. August 2004 wurden Zoran Ristic und seine
16-jährige Tochter Sanja abgeschoben. Die 13-jährige Schwester Tanja war zuvor
von Polizisten aus der Schule geholt worden. Mit Protestaktionen erreichten
ihre Lehrerinnen und Klassenkameraden schließlich, dass sie mit ihrer Mutter in
Berlin bleiben konnte. (08.12.2005)
***
Pressemitteilung Berlin,
19. Dez.2005
Liga weist
unqualifizierte Vorwürfe gegen Ossietzky-Medaillenträgerin „Die Arche“
zurück
und begrüßt Rücknahme der Mittelkürzungen
Die Internationale Liga für
Menschenrechte weist die öffentlichen Vorwürfe gegen „Die Arche e.V.“
zurück, die erst kürzlich wegen ihres Engagement für sozial benachteiligte
Kinder und Jugendliche mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille 2005 geehrt
worden ist. Die teils infamen Vorwürfe sind von Seiten der FDP und Linkspartei.PDS
im Zusammenhang mit der Kürzung öffentlicher Mittel für das christliche
Kinder- und Jugendwerk gemacht worden. Erst auf öffentlichen Druck wurde
inzwischen die Kürzung der öffentlichen Zuschüsse wieder zurückgenommen. Die
Liga begrüßt diese Entscheidung.
Soziale Einrichtungen wie „Die Arche“ sind notwendig, weil
die Politik die Kommunen finanziell derart trockenlegt, dass diese außerstande
sind, auf die wachsende Armut speziell von Kindern und Jugendlichen auch nur
einigermaßen adäquat zu reagieren. Wir haben kein Verständnis dafür, dass sich
die Kommune Marzahn–Hellersdorf auf Initiative der FDP–Fraktion und mit
Unterstützung der Linkspartei. PDS noch weiter aus der Verantwortung zu
stehlen versuchte, indem es die ohnehin spärlichen öffentlichen Zuschüsse für „Die
Arche“ um mehr als die Hälfte kürzen wollte. Die Begründungen dafür waren
zum Teil hanebüchen: So wurde behauptet, dass die öffentliche Grundsicherung in
Deutschland hoch genug sei, um Familien zu ernähren, dass das Image des Bezirks
Marzahn-Hellersdorf durch die Berichterstattung über „Die Arche“ zum
Teil beeinträchtigt worden sei und dass dieses Projekt sich schließlich aus
Spenden finanzieren könne.
Die Kürzungsentscheidung ist inzwischen korrigiert.
Wahrscheinlich nicht mehr ganz korrigierbar sind jedoch die rufschädigenden
Behauptungen in der Stellungnahme eines Bezirksverordneten der Linkspartei.PDS
– auch wenn die PDS-Führung sich inzwischen entschuldigt hat und
Bezirksbürgermeister Klett von „Missverständnissen“ und „Fehlinterpretation“
redet. Aufgrund der Behauptungen ist jedenfalls in einer breiten Berliner
Öffentlichkeit ein negativer Eindruck hervorgerufen worden – und davon bleibt
bekanntlich immer etwas hängen. Diese unwürdige Auseinandersetzung ist auf dem
Rücken vieler Kinder und Jugendlicher in Marzahn-Hellersdorf und in Friedrichshain
ausgetragen worden, die dringend der Hilfe und Unterstützung bedürfen – einer
Hilfe, wie sie von der „Arche“ in vorbildlicher Weise geleistet wird.
Die Internationale Liga für Menschenrechte sieht
sich durch all diese Ereignisse in ihrer Entscheidung bestätigt, jene
anerkennungswerte zivilgesellschaftliche Initiative in diesem Jahr mit der
Carl–von–Ossietzky ausgezeichnet zu haben – zusammen mit zwei Berliner Lehrerinnen,
die die Abschiebung einer 13jährigen Schülerin nach Bosnien verhindert haben.
Das Präsidium der
Internationalen Liga für Menschenrechte: Dr. R. Gössner, K. Stein, Y. Endrias
Zivilcourage gegen staatliches
Unrecht
Aus: „Ossietzky“ 25/2005
(10.12.05)
Es ist eines der dunkelsten Kapitel deutscher Gegenwart.
Es geht um Menschen, die ohne schuldhaftes Tun in Abschiebehaft geraten und
ständig in der Angst leben müssen, ausgewiesen oder abgeschoben zu werden –in
Kriegs- oder Krisengebiete, selbst in Länder, in denen ihnen Folter und
Hinrichtung drohen. Diese Praxis macht selbst vor Schwerkranken und Hilfsbedürftigen,
vor Minderjährigen und Heranwachsenden nicht Halt. Sie werden aus dem
Schulunterricht gerissen, nachts aus ihren Betten geholt oder auf der Straße
verhaftet. Ganz in unserer Nachbarschaft und dennoch weitgehend unbemerkt oder
verdrängt. Sie werden ihrer Zukunftshoffnungen beraubt, in Abschiebehaft gesteckt
und zwangsweise abgeschoben – oft mutterseelenallein. Auch in Länder, die sie
nicht kennen, mit denen sie nichts verbindet, deren Sprache sie nicht
verstehen.
Wie jedes Jahr seit 1962 verleiht die Internationale
Liga für Menschenrechte anläßlich des Tages der Menschenrechte die
Carl-von-Ossietzky-Medaille – und zwar an Personen und Gruppen,
die sich um die Menschenrechte und den Frieden besonders verdient gemacht
haben, sowie an Menschen, die sich durch ihre Zivilcourage und ihr soziales
Engagement vorbildlich verhalten. In diesem Jahr erhalten die Medaillen – neben
dem Kinder- und Jugendwerk „Die Arche“ – zwei Berliner Lehrerinnen: Mechthild
Niesen-Bolm und Inge Wannagat werden für ihr entschlossenes und mutiges Handeln
geehrt, durch das sie, zusammen mit Schülerinnen und Schülern, die Abschiebung
der seit zehn Jahren in Berlin lebenden 13jährigen Schülerin Tanja Ristic nach
Bosnien verhindern konnten. Die vom Bürgerkrieg traumatisierte Tanja war ohne
Vorwarnung von der Polizei aus dem Unterricht herausgeholt und in Abschiebehaft
genommen worden.
Haft bedeutet den schwersten Eingriff in ein hochrangiges
Grundrecht: die Freiheit der Person. Da Abschiebehaft auch gegen vollkommen
unschuldige Menschen vollzogen wird, kann sie unter menschenrechtlichen
Aspekten schwerlich gerechtfertigt werden. Sie verletzt die Würde, die
Integrität und das Leben von Menschen, die nichts verbrochen haben, außer hier
leben zu wollen, und die als Flüchtlinge besonders schutzbedürftig sind. Nach
Ansicht des langjährigen Gefängnispfarrers Hubertus Janssen stellt die
Abschiebehaft ein „außergewöhnliches staatliches Unrecht“ dar.
Bundesweit befinden sich Tausende von Menschen in
Abschiebehaft – nicht selten drei Monate lang, aber auch bis zu anderthalb
Jahre. Besonders für Minderjährige, Kranke, Traumatisierte, Schwangere oder
Alleinerziehende bedeutet dies eine ganz besondere Härte – zumal die
Haftbedingungen schlecht, nicht selten katastrophal sind. In den Sammellagern
und Abschiebeknästen, die teilweise an Hochsicherheitstrakte erinnern, in den
Justizvollzugsanstalten und Polizeizellen müssen die „Schüblinge“, wie sie behördenintern
heißen, auf engem Raum leben, ohne Beschäftigungsmöglichkeit, ohne Anspruch auf
psychosoziale Betreuung, und dürfen pro Monat oft nur eine Stunde lang Besuch
bekommen. Die psychischen Belastungen in dieser Extremsituation und die Angst
vor drohender Abschiebung zermürbt sie dermaßen, daß es immer wieder zu
Verzweiflungstaten kommt.
Jährlich
werden Tausende dieser inhaftierten Menschen aus Deutschland abgeschoben – auch
in Länder, in denen Menschenrechtsverletzungen zum Alltag gehören. Hierzu
leisten bundesdeutsche Behörden Beihilfe, ohne daß irgendwer dafür zur Verantwortung
gezogen wird. In der täglichen Abschiebepraxis, die sich im Zuge der Terrorismusbekämpfung
erheblich verschärft hat, werden ständig Menschenrechte verletzt, ohne daß die
Öffentlichkeit davon erfährt. Und es sind viel zu wenige, die sich diesem
Tabuthema stellen, die hinschauen und eingreifen.
Zu ihnen gehören Mechthild Niesen-Bolm
und Inge Wannagat. Sie haben in einem konkreten Abschiebefall Zivilcourage vorgelebt.
Zusammen mit den Mitschülern haben sie sich rückhaltlos für Tanja Ristic
eingesetzt – und werden dies wohl als selbstverständlich ansehen. Leider ist es
das nicht – schon gar nicht bei denen, die die Abschiebemaschinerie qua Amt und
auf Befehl am Laufen halten. Hier rächt sich, was der Schriftsteller Ralph
Giordano auf dem Hintergrund deutscher Gehorsamsgeschichte zurecht bemängelt:
„Die Deutschen müssen erst noch lernen, daß sie sich nicht nur für ihre
Befehle, sondern auch für ihren Gehorsam verantworten müssen.“
Es gibt allerdings rühmliche Ausnahmen: Gruppen, die
sich widersetzen, und einzelne Menschen, die remonstrieren, sich auf ihr
Gewissen berufen und Nein sagen. In etlichen Fällen ist es ihnen gelungen, Abschiebungen
zu verhindern. Jeder dieser Fälle ist ein Erfolg praktischer
Menschenrechtsarbeit. An drei Beispiele sei hier erinnert:
Ein 46jährige
Schutzpolizist im rheinland-pfälzischen Landau konnte es nicht länger mit
ansehen, wie ein unschuldiger Mensch Tage und Nächte unter menschenunwürdigen
Umständen im Polizeigewahrsam eingekerkert war. Nach vergeblichen Versuchen,
die Situation zu ändern, entschloß er sich, der Menschenwürde den Vorrang
einzuräumen, der ihr nach der Verfassung gebührt. Er öffnete eigenhändig die
Kellerzelle und entließ den jungen Angolaner aus der Abschiebehaft. Dieser Akt
der Zivilcourage trug ihm wegen eigenmächtiger „Gefangenenbefreiung“ eine
Geldstrafe ein.
Ein Lufthansa-Pilot verweigerte im Februar dieses Jahres
seine Mitwirkung, als die Iranerin Zahra K. gegen ihren Willen abgeschoben
werden sollte. Zahra K., die Ende der 90er Jahre in Deutschland Zuflucht vor
dem iranischen Mullah-Regime gesucht hatte, erlitt während der
Abschiebeprozedur einen Kollaps. Hätte der Pilot reibungslos funktioniert und
die nicht anerkannte Asylbewerberin in ihr Heimatland ausgeflogen, dann wäre
sie im Iran mit Folter und Tod durch Steinigung bedroht gewesen, denn sie hatte
sich in Deutschland von ihrem iranischen Mann getrennt und war als Muslima zum
Christentum übergetreten. Erst nach diesem Akt wirkungsvoller Zivilcourage hat
Zarah K. ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht erhalten.
Es sollen aber auch Gruppen und
Initiativen gewürdigt werden, die sich bemühen, über menschenrechtswidrige
Abschiebungen aufzuklären, und die darüber hinaus versuchen, unmittelbar auf
Flughäfen problematische Abschiebungen zu verhindern: Sie informieren Flugpassagiere,
Piloten und Stewardessen über die Hintergründe der Einzelfälle, demonstrieren
und protestieren und nehmen dafür auch Repressalien und Strafverfahren in Kauf.
Eine Initiative, die auch im Fall Zahra K. erfolgreich gearbeitet hat, ist das
„Aktionsbündnis Rhein-Main gegen Abschiebungen“. Dieses Bündnis konzentriert
seine Arbeit auf den Frankfurter Flughafen, von dem aus jedes Jahr über 8000
Menschen abgeschoben werden. Durch die kollektive Einmischung des Aktionsbündnisses
konnten schon mehrere Abschiebungen verhindert werden. Doch seit einiger Zeit
überzieht der Flughafenbetreiber Fraport die Aktivisten mit Hausverboten und
Strafanzeigen – inzwischen in zweiter Instanz abgesegnet vom Frankfurter Landgericht.
Begründung des Urteils vom 20. Mai 2005: Der Flughafen sei Privatgelände, das
Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit gelte hier nicht, weil die
Fraport AG als Aktiengesellschaft keiner direkten Grundrechtsbindung unterliege
und ihr Hausrecht frei ausüben könne. Eine Entscheidung, mit der wir uns nicht
abfinden können, denn schränkt Grundrechte in unverhältnismäßiger Weise ein, ja
suspendiert sie geradezu. Unter Hinweis auf das private Recht einer
Aktiengesellschaft, die sich in öffentlichem Eigentum befindet, wird die
staatliche Abschiebepraxis juristisch abgesichert. Das ist um so schwerer
nachzuvollziehen, als die Fraport AG, auf deren angeblichem Privatgelände sich
jährlich 50 Millionen Personen bewegen, hoheitliche Aufgaben unterstützend
wahrnimmt. Das Aktionsbündnis hat gegen dieses Urteil Revision vor dem
Bundesgerichtshof eingelegt. Nach Auffassung der Betroffenen muß es möglich
sein und bleiben, an Orten zu demonstrieren und aufzuklären, an denen Menschenrechtsverletzungen
begangen werden. Die Verhandlung vor dem BGH ist am 20. Januar 2006. Zu klären
ist die Grundsatzfrage: Darf der Staat ins Privatrecht flüchten? Kann eine Zivilgesellschaft
hinnehmen, daß öffentlicher Raum in Privatbesitz umdefiniert wird, wo
elementare Grundrechte eingeschränkt, ja ausgehebelt werden können?
gemeinsam mit Flüchtlingsrat
Berlin und GRIPS Theater
´
Am Vorabend der Innenministerkonferenz (IMK), die vom
08. - 09. Dezember in Karlsruhe stattfinden wird, setzt sich die Internationale
Liga für Menschenrechte gemeinsam mit dem Flüchtlingsrat Berlin und dem GRIPS
Theater erneut für die vorbehaltlose Anerkennung der Rechte von
Flüchtlingskindern ein.
Das Aktionsbündnis „Hier geblieben!“ (getragen
vom GRIPS Theater, PRO ASYL, Flüchtlingsrat Berlin und GEW Berlin) hatte sich
vor der letzten Innenministerkonferenz in Stuttgart im Juni diesen Jahres mit
einem Appell der Kinder und Jugendlichen für ein Bleiberecht und die
uneingeschränkte Anerkennung der UN-Kinderrechtskonvention an die
Öffentlichkeit gewandt. Dieser Appell wird inzwischen von über 400 Kulturschaffenden
unterstützt. PolitikerInnen aller Parteien reagierten positiv auf das Anliegen
des Aktionsbündnisses.
Auf der IMK in Stuttgart hatte sich der damalige Bundesinnenminister
Otto Schily überraschend für eine Bleiberechtsregelung für Flüchtlingskinder
eingesetzt. Er griff damit eine (weitergehende) Initiative des Berliner
Innensenators Dr. Ehrhart Körting auf. Der Vorschlag scheiterte am Widerstand
der CDU–Innenminister der Länder.
Auf der Tagesordnung der kommenden Innenministerkonferenz
in Karlsruhe steht – neben der erneuten Initiative des Landes Berlin für eine
„Altfallregelung“ - nunmehr ein Vorschlag des CDU-geführten Landes
Nordrhein-Westfalen zu einer Bleiberechtsregelung für langjährig geduldete und
asylsuchende Flüchtlinge.
Die in diesem Papier enthaltenen Bedingungen für die
Gewährung eines Bleiberechts dürften in der Praxis aber nur für wenige
potentiell Betroffene erfüllbar sein. So kann der Nachweis der
Lebensunterhaltssicherung (seit mindestens zwei Jahren) in Berlin und in den neuen
Bundesländern kaum erbracht werden. Flüchtlingen war es angesichts der
Arbeitsmarktlage und der „Arbeitsmarktprüfung“ bisher faktisch unmöglich, eine
Arbeitserlaubnis zu erhalten. Völlig an der Realität vorbei geht die Forderung
des NRW-Vorschlages nach einem unbefristeten als auch sozialversicherten
Arbeitsvertrag. Selbst Innenminister können sich in der Regel zunächst
allenfalls an einem vierjährigen Arbeitsverhältnis orientieren.
Zu einer umfassenden und großzügigen Bleiberechtsregelung
für Flüchtlinge mit langjährigem Aufenthalt gibt es keine Alternative. Für eine
solche Regelung setzt sich seit mehr als drei Jahren ein breites Bündnis von
Vertreter/innen der Kirchen, Menschenrechtsorganisationen,
Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften sowie von Migranten- und
Flüchtlingsorganisationen ein. Sie müsste unabweisbar die Erteilung einer Arbeitserlaubnis
vorsehen.
Um der genannten Forderung Nachdruck zu verleihen
werden Jugendliche im Rahmen der Initiative „Jugend ohne Grenzen“ parallel zur Innenministerkonferenz
ein eigenes Treffen abhalten. Dabei sollen Kinderrechtsverletzungen in der
Bundesrepublik benannt und verurteilt sowie demokratische Strategien zur
Verbesserung der Lebenswelt von Flüchtlingen entwickelt werden.
Die Internationale Liga für Menschenrechte, der Flüchtlingsrat
Berlin und das GRIPS Theater erklären sich solidarisch mit dem Anliegen der
Kinder- und Jugendkonferenz in Karlsruhe. Sie fordern die Innenminister auf,
eine großzügige Bleiberechtsregelung zu verabschieden, sowie die Rücknahme des
Vorbehalts gegenüber den UN-Kinderrechten auf den Weg zu bringen. Hier bleibt
die neue Bundesregierung in der Verantwortung. Die in der
Koalitionsvereinbarung bezüglich des Zuwanderungsgesetzes enthaltenen
Prüfaufträge zu den sogenannten Kettenduldungen und zur Situation der in
Deutschland aufgewachsenen Kinder sollten wie beschrieben in praktische Politik
münden.
Die soziale Herkunft darf das Bildungsrecht und
die Lebensperspektiven von Kindern in keiner Weise beeinträchtigen. Soziale Ausgrenzung
und Perspektivlosigkeit sind der Nährboden für die zuletzt in Frankreich
bekannt gewordenen Ereignisse, die kurzzeitig im Mittelpunkt des öffentlichen
Interesses standen.
Kinderrechte kennen – daran erinnern NGOs und Menschenrechtsorganisationen
immer wieder – keine Grenzen. Die Menschenrechte sind universell und unteilbar.
Kinder und Jugendliche sollten daher nicht weiter aufgrund ihres
aufenthaltsrechtlichen Status ausgegrenzt werden. Die politisch
Verantwortlichen in der Bundesregierung und in den Landesregierungen haben
einen völkerrechtlich verbindlichen Auftrag und sind unmissverständlich in der
Pflicht, die Konvention der Kinderrechte zu verwirklichen und Kinder vor Unbill
zu schützen.
Die Internationale Liga verleiht im Dezember
dieses Jahres die Carl-von-Ossietzky-Medaille gemeinsam an die Lehrerinnen
Mechthild Niesen-Bolm und Inge Wannagat, die die Abschiebung einer 13jährigen
Schülerin nach Bosnien-Herzegowina verhinderten sowie an das soziale Kinder-
und Jugendprojekt „Die Arche“.
Berlin, 07. Dezember 2005
Hintergrund-Thema: Bundesrepublik
„Internationale Liga für Menschenrechte“ (Berlin):
Schäubles
innenpolitische Vorschläge sind bürgerrechtsfeindlich
Damit
wäre nicht mehr Sicherheit zu gewinnen, sondern Rechtsunsicherheit und Willkür
verbunden. Mit seiner Horrorliste und dem skandalösen Umgang mit den giftigen
»Früchten der Folter« hat sich der Bundesinnenminister als Verfassungsminister
disqualifiziert.
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Rolf Gössner
Schäubles
Horrorliste
Der Bundesinnenminister marschiert mit Folteraussagen,
Feindstrafrecht und Bundeswehr in den Antiterrorkampf
Ausgerechnet
in einer Situation, in der deutsche Regierungsstellen und Sicherheitsbehörden
in einem bösen Zwielicht erscheinen, wartet der neue Bundesinnenminister
Wolfgang Schäuble (CDU) mit einer Horrorliste auf. Auf dieser Liste steht, dass
auch unter Folter erpresste Aussagen genutzt werden dürfen. Auf dieser Liste
steht, dass "gefährliche" Personen, denen bislang keine Straftat nachgewiesen
werden kann, bestraft und weggesperrt werden sollen. Und da steht auch, dass
künftig die Bundeswehr im Inneren des Landes eingesetzt werden kann.
Diese
Vorschläge kommen in einer Zeit, in der es um die Aufklärung
völkerrechtswidriger Flüge der CIA mit gekidnappten Terrorverdächtigen geht,
die über die Bundesrepublik in Folterstaaten verschleppt oder in
Geheimgefängnissen misshandelt wurden. Die frühere Bundesregierung hat diese
Terrorismusbekämpfung mit den Mitteln des Terrors auf dem Boden des
Grundgesetzes geschehen lassen - und hat sich mitschuldig gemacht. Im Fall des
verschleppten deutschen Staatsbürgers Khaled el-Masri haben sich einzelne
rot-grüne Regierungsmitglieder wie Mafiosi in das Schweigekartell der USA
einbinden lassen. Sie sind Mitwisser von Verbrechen, von Entführung und
Verschleppung, Freiheitsberaubung und Folter - und sie haben die Öffentlichkeit
nicht informiert. Angesichts dieser Kumpanei fragt man sich: Leben wir in einem
unabhängigen freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat?
Wir
erleben seit dem 11.09.2001 ein kräftiges Abrücken vom absoluten Folterverbot
der internationalen Menschenrechtskonventionen. Längst ist die Gefahr von Abu
Ghraib und Guantanamo auf die Bundesrepublik übergesprungen: Das zeigen die
Debatten im Fall des Frankfurter Polizeivizepräsidenten Daschner, die
erschreckenden Folterübungen bei der Bundeswehr und nun der skandalöse Umgang
mit den giftigen "Früchten der Folter". Von Unrechtsbewusstsein
angesichts solcher Grenzüberschreitungen keine Spur. Bundesinnenminister
Schäuble bekennt sich zu allen mutmaßlichen Rechtsbrüchen in diesem Zusammenhang
und lässt auch keinen Zweifel aufkommen, dass er damit fortfahren wird. So hält
er es mit menschenrechtlichen Grundsätzen für vereinbar, wenn deutsche
Sicherheitsbehörden von unmenschlichen Haftbedingungen und Verhörsituationen
profitieren, ja möglicherweise unter Folter zustande gekommene Geständnisse und
Erkenntnisse für die Gefahrenabwehr verwenden - anstatt solche erpressten und
unzuverlässigen Aussagen einem strikten Verwertungsverbot zu unterstellen.
Diese Art von "Erkenntnissen" könnten möglicherweise Menschen zu "gefährlichen Personen" stempeln, die dann unter erleichterten Bedingungen verurteilt und eingesperrt werden, wie es Innenminister Schäuble vorschwebt. Er will das Strafrecht verschärfen, um auch Menschen bestrafen und hinter Gitter bringen zu können, denen man bisher eine Straftat nicht nachweisen kann. Hierzu solle künftig das "Absolvieren einer Ausbildung in einem Terroristenlager in Afghanistan oder sonst wo" strafbar sein. Eine solche Strafnorm aus dem Arsenal des Feindstrafrechts wird kaum mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar sein und den Gerichten unlösbare Beweisprobleme bescheren. Denn wie will man hierzulande feststellen oder gar nachweisen, dass jemand in einem "Terroristencamp" zum Terroristen ausgebildet worden ist - und vor allem, ob er denn tatsächlich einer geworden ist. Denn auf verübte oder unmittelbar geplante Straftaten soll es nicht ankommen. Und aufgrund welcher Erkenntnisse soll denn beurteilt werden, um welche Qualität von Camp und Ausbildung es sich handelt? Will man sich etwa auf dubiose Erkenntnisse der Geheimdienste verlassen oder auf Folteraussagen?
Menschen,
denen keine konkrete Straftat oder Tatbeteiligung vorgeworfen werden kann,
sollen auf diese Weise in Strafhaft genommen werden können, weil sie den
Sicherheitsbehörden als "gefährlich" erscheinen. Damit wäre nicht
mehr Sicherheit zu gewinnen, sondern Rechtsunsicherheit und Willkür verbunden.
Eine der wichtigsten rechtsstaatlichen Errungenschaften, nämlich die
Unschuldsvermutung, würde damit ausgehebelt und auch der Grundsatz: "Im
Zweifel für den Angeklagten".
In der Terrorismusbekämpfung scheint so ziemlich alles erlaubt, was angeblich nützt. Da will Schäuble die Bundeswehr auch zur Fußball-WM im Inneren einsetzen können, um die Polizei zu entlasten. Dazu strebt er eine Grundgesetzänderung an, um die verfassungsmäßige Trennung zwischen äußerer und innerer Sicherheit, zwischen Militär und Polizei, vollends aufzuheben. Das wäre letztlich der Einstieg in die Militarisierung der "Inneren Sicherheit", die bereits in den Notstandsgesetzen der sechziger Jahre, aber auch in den neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien der Bundeswehr vom Mai 2003 angelegt ist. Soldaten sind aber keine Hilfspolizisten, sie sind nicht für zivile und polizeiliche Aufgaben ausgebildet und nicht dafür da, personelle Defizite bei der Polizei auszugleichen. Im übrigen ist die Bundeswehr mit ihren aufwändigen Auslandseinsätzen selbst überlastet und nicht einmal in der Lage, ihre eigenen Kasernen ohne private Sicherheitsdienste zu schützen.
Wir erleben gegenwärtig eine fatale Enttabuisierung und Demontage dessen, was als Menschenrechtsstandard mühsam und mit vielen Opfern erkämpft worden ist. Wir konnten bereits aus der Koalitionsvereinbarung herauslesen, dass mit der neuen Bundesregierung die Bürgerrechte weiterhin in Gefahr sind, einer vermeintlichen Sicherheit und dem Antiterrorkampf untergeordnet zu werden. Es war nicht zu verkennen, dass die große Koalition fraglos das staatsautoritäre Erbe Otto Schilys antritt und weiter auf Nachrüstung setzt. Aber Wolfgang Schäuble geht noch weit über die Koalitionsvereinbarung hinaus. Dieser Innenminister ist kein Verfassungsminister - genauso wenig, wie Otto Schily einer war.
vom 23.12.2005
„Internationale
Liga für Menschenrechte“:
Große Koalition bringt Bürgerrechte weiter in Gefahr
“Koalitionspartner übernehmen kritiklos Schilys
staatsautoritäres Erbe und satteln noch drauf“
„Unter einer Großen Koalition sind
die Bürgerrechte weiter in Gefahr, einer vermeintlichen Sicherheit untergeordnet
zu werden.“ Zu diesem
Ergebnis kommt der Präsident der „Internationalen Liga für Menschenrechte“, Dr.
Rolf Gössner, in einem Gastbeitrag für die Berliner Ost-West-Zeitung FREITAG.
Unter dem Titel „Schilys staatsautoritäres Erbe“ analysiert er jenen Teil der
Koalitionsvereinbarung zwischen CDU/CSU und SPD, der mit „Deutschland – ein
sicheres und freies Land“ überschrieben und in dem auch vom „Recht auf
Sicherheit“ die Rede ist. Es sei nicht zu verkennen, „dass die künftige
Große Koalition fraglos das staatsautoritäre Erbe Otto Schilys antritt und
weiter auf Nachrüstung setzt – etwa mit einer nachträglichen Sicherungsverwahrung
auch für Jugendliche und einer neuen Kronzeugenregelung“.
Die höchst umstrittene
Kronzeugenregelung ist Ende 1999 aus guten Gründen ausgelaufen. Begründet wurde
dies damals mit »Zweifeln an der Glaubwürdigkeit von Kronzeugen«. Der ihnen in
Aussicht gestellte Strafnachlass wirke wie ein »Anreiz zu falschen
Verdächtigungen und Denunziationen«. „Sollen diese Erkenntnisse nichts mehr gelten, will man
erneut mit schmutzigen Deals gegen das Böse zu Felde ziehen?“ fragt
Liga-Präsident Gössner in seinem Gastbeitrag, in dem er seine Ablehnung solcher
„Zeugen“ so begründet: „Wo
der Verrat um des persönlichen Vorteils willen gefordert wird, da sind falsche
Bezichtigungen geradezu vorprogrammiert. Der Warencharakter solcher Aussagen
liegt in der Natur der Kronzeugenschaft und der Beweiswert eines solchen
Staatszeugen sinkt letztlich gegen Null, wie auch die Überzeugungskraft eines
darauf gestützten Strafurteils.“ Gerade im Bereich der „Inneren Sicherheit“
und in der Kriminalpolitik sei der gemeinsame Nenner der Großkoalitionäre gefährlich
groß. Zwar habe die präventive Sicherungshaft für „gefährliche“ Personen noch
abgewendet werden können. Dennoch werde mit problematischen Vorhaben
nachgerüstet: So sollen dem Bundeskriminalamt für die Terrorbekämpfung künftig
präventive, auch geheimpolizeiliche Befugnisse zur Gefahrenabwehr eingeräumt werden
– also schon weit im Vorfeld von möglichen Straftaten und Gefahren. Die
»Antiterror«-Gesetze sollen entfristet werden und keine weitere Evaluierung
erfahren. Ebenso sollen die strengen Verfahrensregeln fallen, die bisher zu einem
eher maßvollen Einsatz der neuen Eingriffsbefugnisse geführt haben. Die
Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten wird weiter aufgeweicht, u.a. mit
einer gemeinsamen „Antiterror-Datei“. Eine Entscheidung über den umstrittenen
Einsatz der Bundeswehr im Innern, wie er von der CDU/CSU gefordert wird, ist
lediglich vertagt worden. Verbesserung des Flüchtlings- und Abschiebeschutzes –
bislang Fehlanzeige.
Nach Auffassung der Liga
widerspricht es dem Charakter einer liberalen und demokratischen Gesellschaft
und einem ebensolchen Rechtsstaat, wenn permanent an der staatlichen Aufrüstungsschraube
gedreht wird und dabei Bürgerrechte immer stärker ausgehöhlt werden. „Die Eskalation polizeilicher, geheimdienstlicher
oder gar militärischer Antiterror-Reaktionen – deren Effizienz ohnehin recht
fraglich ist und die sich oft als kontraproduktiv erweisen – führt letztlich in
ein anderes, ein illiberal-autoritäres System“, warnt Gössner im „Freitag“.
„Die kritiklose Übernahme der Schilyschen Hinterlassenschaften und die
Weiterführung seiner staatsutoritären Politik ist angesichts dieser Gefahr in
höchstem Maße bedenklich.“ 17.11.05
***
Der 27. Januar wurde von Bundespräsident
Herzog zum "Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“
erklärt. Immer wieder wird daraus in den Medien, in Reden und in Kalendern
verkürzt "Holocaust-Gedenktag" gemacht. Die Opfer des
Nationalsozialismus sind jedoch eine viel größere Zahl und betroffen waren
zahlreiche Gruppen über den Völkermord an den europäischen Juden hinaus: Sinti
und Roma, Verfolgte und Ermordete aus politischen und religiösen Gründen, Kriegsdienstverweigerer,
Kranke und Menschen mit Behinderungen, Intellektuelle und Künstlerinnen, deren
Werke die Nazis als „undeutsch“ erklärten, Millionen Opfer in der Zivilbevölkerung
und beim Militär in den vielen überfallenen Ländern, Menschen, die Verfolgten geholfen
hatten, und schließlich auch die Überlebenden der Konzentrationslager und der
Zwangsarbeit. Der Tag der Befreiung der Überlebenden von Auschwitz ist ein
wichtiger Tag in der Geschichte des Zweiten Weltkrieges, aber der Krieg
forderte über diesen Tag hinaus noch Tausende von Opfern, denn die Nazis mordeten
und verfolgten weiter. Kein Opfer sollte durch Verschweigen oder Vergessen
nochmals zu einem Opfer der deutschen Gesellschaft werden. Zwar erklärten die
Vereinten Nationen kürzlich auf Antrag Israels den 27. Januar weltweit zum
"Holocaust‑Gedenktag"; für uns Deutsche sollte es aber eine Verpflichtung
sein, ihn weiterhin "Tag des Gedenkens an die Opfer des
Nationalsozialismus" zu nennen.
Eleonore Kujawa
Hintergrund-Themen: International
I R A N
„Keinen Krieg gegen den Iran - für eine politische
Lösung!“
Die USA scheinen
entschlossen, gegen den Iran einen Luftkrieg zu führen. Diesmal könnte es
Washington gelingen, die EU vor ihren Kriegskarren zu spannen, wenn sich nicht
die Bürgerinnen und Bürger dagegen zur Wehr setzen. Wir lehnen mit aller
Entschiedenheit einen neuen Krieg ab. Selbst wenn Teheran Atomwaffen anstrebte,
die wir ebenso ablehnen, könnte der Iran auf absehbare Zeit niemanden mit
Atomwaffen bedrohen, ungeachtet aller verbaler Attacken des iranischen
Präsidenten Ahmadinedschad, die wir scharf verurteilen. Eine friedliche politische
Lösung ist also durchaus möglich. Die Vereinigten Staaten nutzen jedoch die
iranischen Atomanlagen nur als Anlass für viel weiter reichende Ziele:
-
Der Iran soll zu einer unbedeutenden Macht zurückgebombt werden, um Amerikas
Vormachtstellung im Mittleren Osten weiter auszubauen. Deshalb ist zu
befürchten, dass außer Atomanlagen auch die Infrastruktur des Landes, wie 1991
im Irak, wichtige Versorgungseinrichtungen wie Ölraffinerien und militärische
Ziele bombardiert werden sollen.
Durch
Chaos und Zusammenbruch der Versorgung sollen Revolten der iranischen
Bevölkerung mit all ihren ethnischen Minderheiten provoziert
und
das Islamische Regime durch ein US-freundliches ersetzt werden. Nachdem sie in
Afghanistan und Irak militärisch präsent sind, zielen die USA auf die
vollständige Kontrolle der Ölquellen und Transportrouten im gesamten Mittleren
Osten.
Die
US-Regierung scheut wegen eigener Hegemonialinteressen nicht davor zurück, den
Weltfrieden zu gefährden und einen Flächenbrand in der Region zu riskieren. Ein
Krieg gegen Iran hätte fatale Konsequenzen nicht nur für die Völker im
Mittleren und Nahen Osten, sondern auch für Europa. Neue ethnische Konflikte, Bürgerkrieg
zwischen Sunniten und Schiiten im Irak, Verwicklung Saudi-Arabiens und Syriens
sind sehr wahrscheinlich. Es muss auch mit der Blockade der Öltransportrouten
und rasant steigenden Ölpreisen gerechnet werden. Nur Arbeitslosigkeit und
Attentate hätten Konjunktur.
Nach
den vielen Lügen Washingtons zur Rechtfertigung des Angriffskrieges gegen den
Irak braucht die US-Regierung für einen Krieg gegen Iran die moralische
Legitimation, wenn nicht gar die Unterstützung der EU-Staaten. Diese Legitimation
und Unterstützung darf es nicht geben!
Wir
rufen daher Alle auf, sich mit Demonstrationen, Kundgebungen und Resolutionen
gegen den geplanten Angriffskrieg der USA zu wehren. Wir, als ein Teil des
weltweiten Protestes, wenden uns auch gegen die Drohung mit Krieg als dem
sogenannten "letzten Mittel". Krieg ist der große Terror. Wir wollen
jedoch Deeskalation, Nichtangriffsgarantien und Gewaltverzicht.
Von
der Bundesregierung und der Bundeskanzlerin fordern wir mit Nachdruck:
-
Unterlassen Sie jegliche Droheskalation, die unweigerlich in einen Krieg
einmündet. Schließen Sie jede deutsche Unterstützung für einen Krieg gegen den
Iran und erst recht eine deutsche Beteiligung daran unmissverständlich und
grundsätzlich aus. Setzen Sie sich auch innerhalb der EU hierfür ein.
-
Treten Sie ein für die Bildung einer Langzeit-Konferenz für Sicherheit und
regionale Zusammenarbeit im Mittleren und Nahen Osten, die auch das Ziel
verfolgt, dort - wie in der IAEO-Resolution vom 04.02.2006 hervorgehoben - eine
Atomwaffenfreie Zone zu errichten, die Israel einschließt. Unternehmen Sie
dafür schon jetzt erste Schritte.
-
Treten Sie dafür ein, dass Atomwaffenstaaten ihre Verpflichtung zur Abrüstung
ihrer Atomarsenale gemäß Artikel VI des Nuklearen Nichtverbreitungsvertrags
endlich erfüllen.
ErstunterzeichnerInnen:
Aachener
Friedenspreis e.V., Franz Alt, Bundesausschuss, Friedensratschlag, Andreas
Buro, Angelika Claussen, Hans-Peter Dürr, Ulrich Gottstein, Internationale
Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges - Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.
(IPPNW - dt. Sektion, Vorstand), Heiko Kauffmann, Kooperation für den Frieden,
Mohssen Massarrat, Oskar Negt, Netzwerk Friedenskooperative, Bernhard Nolz,
Horst-Eberhard Richter, Horst Schmitthenner, Hans Christoph von Sponeck, Mani
Stenner, Peter Strutynski, Frank Uhe, Reinhard Voss, Peter Wahl, Konstantin
Wecker. Presserechtlich
verantwortlich:
Andreas Buro / Mohssen Massarrat
Kooperation
für den Frieden, c/o Netzwerk Friedenskooperative, Römerstr. 88, 53111 Bonn,
Tel. 0228/692904, Fax: 0228/692906, iranaufruf@koop-frieden.de,
frieden-und-zukunft@t-online.de
Darf eine Friedensbewegung sich kritiklos
vor eine Diktatur stellen, um Krieg zu verhindern?
Von Mila Mossafer
Die Regierung der USA droht mit Krieg. Sie bekam vom
iranischen „Gottesstaat“ die Argumentationshilfen als Steilvorlage geliefert.
Die Toten, die Zerstörungen und Langzeitfolgen eines solchen Krieges würde
jedoch vorrangig die iranische Bevölkerung zu tragen haben. Deshalb ist ein
solcher „Militärschlag“, ob gegen den Iran oder anderswo, strikt abzulehnen –
gleichgültig, ob er im Namen der „Terrorismusbekämpfung“, im Namen von
„Demokratie und Menschenrechten“, für die Rechte der „Frauen“ oder im Falle
Irans, „gegen die atomare Aufrüstung“ geführt wird. Im übrigen haben gerade die
USA traditionell einen schlechten Ruf im Iran, der von der CIA organisierte
Putsch im Jahr 1953, der zum Sturz der Regierung Mohammad Mossadegs geführt
hatte, ist bis heute nicht vergessen, auch wenn Bill Clinton sich später
diesbezüglich entschuldigte. Ein weiteres Beispiel geheimdienstlicher
Intervention waren auch die Waffenlieferungen der USA in den Iran selbst während
des Boykotts – heute spricht man von „Irangate“.
Für so manchen genügten die
antisemitistischen Äußerungen eines reaktionären Staatspräsidenten, um daraufhin
geforderte Militärschläge als legitimiert zu erachten. Ahmadinedjad, ein Mann
des Militärs und Geheimdienstes, hat dabei die Rhetorik seines geistigen
Führers Khomeini übernommen und versucht, die Menschen im Iran und in der
Region von seinen „Fähigkeiten“ zu überzeugen. Nach außen und innen stellte er
so Stärke und Macht zur Schau, um die Hegemonie in den islamischen Ländern im
Nahen und Mittleren Osten zu erlangen. Diese verschärfte Rhetorik der
Fundamentalisten im Iran ist im Prinzip alt bekannt. Sie hat die
innenpolitische Funktion, die Iraner von Arbeitslosigkeit, Armut und anderen
innenpolitischen Missständen abzulenken. Ahmadinedjad versucht auf diese Weise,
die sozialpolitische Unzufriedenheit in der Bevölkerung auf außenpolitische
Feindbilder und vermeintliche Gefahren von Außen umzulenken. Dabei werden mit
antiisraelischen und antisemitistischen Äußerungen „Argumente zur
Kriegsführung“ geliefert, welche die Busch Regierung nur zu willig aufgreift.
Ahmadinedjad ist bemüht, den Iran militärisch weiter aufzurüsten, die Menschen
im Iran gegen den äußeren Feind zu mobilisieren und so seine Macht zu stabilisieren
und zu stärken. Dabei wird die iranische Atomtechnologie als „nationales
Projekt“ propagiert, mit dem die Souveränität, Eigenständigkeit und nationaler
Stolz des Iran gegen alle Welt – insbesondere des Westens - unter Beweis
gestellt werden soll.
Die Widerstandsbewegungen der Arbeiter aller
Branchen, u.a. der Gewerkschaft des Teheraner Busbetriebs, der Frauen-, Jugend-
und Studentenbewegung, die unter dem iranischen Ex-Präsidenten ständig blutig
niedergeschlagen worden waren, zeigen exemplarisch, wie sehr iranische
Führungen um ihre Existenz fürchten (müssen). Die Provokationen des jetzigen
iranischen Präsidenten und seiner Auslandsvertretungen - in Form von
Holocaust-Verleugnung und abermals geforderter Vernichtung Israels – können als
Ausdruck eines wieder erstarkenden Kriegswillens gedeutet werden. Beispiele aus
der jüngeren iranischen Geschichte sollten uns hier warnen. Schon während des
8jährigen Iran/Irak-Krieges ist es den iranischen Machthabern gelungen, unter
ähnlichen Vorzeichen die Opposition grausam zu unterdrücken; im Sommer 1988
führte diese Unterdrückungspolitik zum Massaker an Tausenden von politischen
Häftlingen in iranischen Gefängnissen.
Heute kämpft eine neue Generation für ihre
Rechte und gegen das Regime, allen voran die Frauen, Studentinnen, Arbeiterinnen.
Der neue Staatspräsident des Irans setzt angesichts der Tatsache, dass er seine
Wahlversprechen nicht einhalten kann, auf ein Spiel um „Alles oder Nichts“ –
für die Bevölkerung eine tödliche Gefahr. Angesichts seiner Drohgebärden
fürchten manche Länder den Iran als eine aggressive potenzielle Atommacht, die
präventiv-militärisch bekämpft werden müsse - allen voran Israel und die USA,
wobei im Fall der USA vorrangig Hegemonie-Bestrebungen im Mittleren Osten und
die Sicherung von Ölquellen eine entscheidende Rolle spielen dürften.
Neoliberale Strömungen in der US-Regierung wollen mit einem Militärschlag zwar
einen „Regimewechsel“ herbeiführen, aber in erster Linie, um ihre
geopolitischen und ökonomischen Interessen im Iran und in der ganzen Region
durchsetzen zu können.
Demgegenüber sehen die europäischen
Staaten - wenn auch ernsthaft besorgt wegen einer sich anbahnenden atomaren Aufrüstung
des Irans - ihre bereits bestehenden ökonomischen Beziehungen gefährdet, die
sie seit der iranischen Revolution immer weiter ausbauen konnten - allen voran
die Bundesrepublik Deutschland als der größte Wirtschaftspartner des Irans. Für
jene EU-Staaten scheinen die Profite wohl ohne Krieg gegen den Iran weit besser
gesichert.
Für viele
Iranerinnen und Iraner, die unter dem Mullah-Regime leiden und keinen
Kompromiss mit den Machthabern eingehen wollen und können, ist eine in ihren
Augen unreflektierte und unkritische internationale „Friedenpolitik“ höchst
besorgniserregend – eine Politik, die letztlich zugunsten eines Weiterbestands
des islamischen Regimes und nicht im Interesse der iranischen Bevölkerung
betrieben wird, ja, ihre vitalen Interessen an grundlegender Veränderung fast
völlig negiert. Eigentlich sollte es - der Glaubwürdigkeit halber - bei der
Verurteilung der aktuellen Kriegsbestrebungen gegen den Iran selbstverständlich
sein, auch die 27jährige innere Kriegsführung der iranischen Machthaber gegen
die eigene Bevölkerung zu verurteilen – besonders wenn man, wie die Verfasser
des Aufrufs „Keinen Krieg gegen den Iran
- für eine politische Lösung!“, vor einer eventuellen
„Revolte“ der iranischen ethnischen Minderheiten, nämlich der Kurden, warnt.
Nach der anhaltenden Unterdrückung iranischer Kurden sollte man realisiert haben,
dass gerade diese andere Ziele anstreben als den inneren Status quo im Namen
einer „Friedenspolitik“ zu zementieren.
Zweifellos schadet ein Militärschlag, in
welcher Form auch immer, vorrangig der Bevölkerung und nicht den Machthabern
des Irans. Diese sind bereit, für den Erhalt ihrer Macht unendlich viele
Menschenleben zu opfern. Ein Militärschlag käme dem islamischen Regime eher
zugute, obwohl seine Macht auf Unterdrückung und Ausbeutung der Menschen
basiert. Allein durch die verstärkten Kriegsdrohungen der USA könnte es dem
Regime gelingen, die Bevölkerung zu seinen Gunsten in eine identitätsstiftende
Opferrolle zu manövrieren, um deren Loyalität zum Regime und ihre
Kriegsbereitschaft zu fördern.
Aus der aufgezeigten Widersprüchlichkeit
resultiert die Forderung an die internationalen Friedensbewegungen und Demokratien,
den Widerstand der iranischen Bevölkerung gegen die Diktatur aktiv zu
unterstützen – nicht mit Geheimdienst-Geldern und –Hilfe, sondern mit
zivilgesellschaftlichen Projekten und mit Hilfe von
Nichtregierungsorganisationen. Die USA haben ihre finanzielle Unterstützung für
die Entwicklung von „Demokratie und Menschenrechten“ von 10 Mio. $ auf 75 Mio.
angehoben. Dabei stehen jedoch nicht die legitimen Interessen der iranischen
Bevölkerung im Focus, sondern der angestrebte und so gesponserte
„Regimewechsel“ soll eher der Sicherung der eigenen geopolitischen und
ökonomischen Interessen dienen. Damit soll im übrigen auch der Druck auf die
Iranische Republik verstärkt werden, um deren Unterstützung der Schiiten im
Irak zu reduzieren oder aufzugeben.
Auf der einen Seite hatte die Islamische
Republik Iran der Koalition für den Krieg gegen Saddam Hussein seinerzeit
„grünes Licht“ für einen Militärschlag gegen den Irak gegeben, um dort
fundamentalistische schiitische Strömungen an die Macht zu bringen und so die
eigene Hegemonie in der Region ein Stück weiter voran zu treiben.
Diese Interessenkonstellationen zeigen,
dass es für die internationalen Friedenbewegungen darum geht, die unterdrückten
Teile der Bevölkerung der Welt „von unten“ zu mobilisieren, um die neoliberalen
Hegemonialbestrebungen der US-Regierung zu stoppen. Die fatalen Konsequenzen
eines Militärschlages würden in erster Linie die Bewohner der Staaten des
Mittleren und Nahen Ostens zu spüren bekommen. Das Beispiel Irak zeigt neben
allen anderen Antikriegsgründen, wie kontraprokuktiv eine solche gewalttätige
Intervention letztlich ist: Sie gebiert neue Gewalt, Elend und Leid und auch
der Fundamentalismus nimmt zu.
Aus der Auseinandersetzung mit der
iranischen Politik, auch der Atompolitik, lässt sich nicht die Berechtigung zur
Aufforderung militärischen Eingreifens ableiten oder legitimieren. Genauso
falsch ist aber auch die unreflektierte, nachsichtige Behandlung des iranischen
Regimes, etwa aus Rücksicht auf die eigenen außenwirtschaftlichen Interessen,
so wie sie einigen EU-Staaten eigen sind.
Jede politische und ökonomische
Auseinandersetzung oder Kooperation mit der Islamischen Republik muss die
potentiell entstehenden Risiken für die Bevölkerung angemessen berücksichtigen.
Das islamische System kann letztlich nur von innen, durch die iranische
Bevölkerung bekämpft werden. Der Garant für Frieden und Menschenrechte in der
Region ist ein von der Bevölkerung getragenes demokratisches iranisches System.
Die Kämpfe der Menschen im Iran für soziale Gerechtigkeit, für Organisationsrechte,
für Presse-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit, der Studentenbewegung und der
Frauenbewegung gegen die frauenfeindlichen Gesetze brauchen unsere politische,
nicht militärische Unterstützung. Rasche Erfolge der für demokratische Rechte
kämpfenden Menschen im Iran sind nicht zu erwarten, es wird dauern – aber sich
nachhaltiger auswirken als jeder Militärschlag mit seinen kontraproduktiven
Folgen. Die Gründung und Aktionen der Gewerkschaft des Teheraner Busbetriebs (Vahed)
sind ein Beispiel für die Kämpfe iranischer Arbeiterinnen und Arbeiter, denen
die internationale Unterstützung fehlte. Über tausend Mitglieder dieser
Gewerkschaft wurden bei einem Streik für die Freilassung ihres
Gewerkschaftsvorstandes im Januar 2006 festgenommen - ohne dass diese
Repression im Ausland angemessen aufgegriffen und zu Protesten geführt hätte.
Heute fehlt eine starke Friedensbewegung
wie zur Zeit des Vietnam-Krieges oder in den 80er Jahren. Ohne
eine solche kann die Busch-Administration
unter verschiedensten Vorwänden ihre angestrebte neue Weltordnung mit dem Mittel
des Krieges immer weiter durchsetzen - trotz ihrer eigenen gravierenden
Menschenrechtsverletzungen, die nach und nach ans Licht der Öffentlichkeit
gelangen. Ein weltweiter Aufruf zur Solidarisierung mit der durch die
Kriegsdrohungen gegen den Iran massiv gefährdeten Bevölkerung und auch gegen
jede atomare Aufrüstung erscheint dringend nötig und überfällig.
Mila Mossafer ist Mitglied im Liga-Vorstand.
Iranische Polizei
misshandelt Frauen bei Demonstration zum Frauentag
“Internationale Liga für
Menschenrechte“ verurteilt auf Schärfste die brutalen Angriffe auf die
Schriftstellerin Simin Behbahani, Trägerin der Carl-vonOssietzky-Medaille
Das Regime der Islamischen Republik Iran
hat am 8. März 2006 wieder einmal gezeigt, dass es jederzeit bereit ist, Gewalt
anzuwenden, um friedliche Versammlungen zu unterdrücken. Hunderte von
Frauenrechtlerinnen wurden am internationalen Frauentag während einer friedlichen Demonstration in
einem Teheraner Park von iranischen Polizisten und Sicherheitskräften brutal
angegriffen. Augenzeugen berichten, dass der Park umstellt wurde, als sich dort
Hunderte von Aktivistinnen versammelt hatten, die mit Slogans wie "Gewalt
gegen Frauen ist Gewalt gegen die Menschlichkeit", "Für gleiche
Rechte", "Für Frieden und Sicherheit" ihre Solidarität mit der
internationalen Frauenbewegung bekunden wollten. Nachdem die Demonstrantinnen
fotografiert und mit Videogeräten aufgenommen worden waren, wurden sie
aufgefordert, die Versammlung aufzulösen. Die Aktivistinnen reagierten jedoch
mit einem "sit-in" und begannen, die Hymne der Frauenrechtsbewegung
zu singen. Daraufhin beschlagnahmte man ihre Handys und Fotoapparate, einige
der Frauen wurden festgenommen. Die Sicherheitskräfte schütteten auch Mülleimer
über den Köpfen der sitzenden Frauen aus und schlugen sie mit Schlagstöcken, um
sie zum Verlassen des Parks zu bewegen.
Unter den Anwesenden befand sich auch die
bekannte iranische Dichterin Simin Bebahani, Trägerin der
Carl-von-Ossietzky-Medaille, die ihr 1999 von der Internationalen Liga für
Menschenrechte für ihre Verdienste um die Menschenrechte verliehen worden ist.
Die über 70jährige wurde ebenfalls brutal mit einem Schlagstock geschlagen und
getreten. Selbst schon flüchtende
Frauen wurden von der Polizei verfolgt und noch weiter geprügelt.
Mehrere ausländische Journalisten sind
festgenommen, ihre Fotoausrüstungen und Videoaufzeichnungen beschlagnahmt worden;
später wurden sie wieder freigelassen. Der Kommandant der Sicherheitskräfte vor
Ort begründete das gewaltsame Vorgehen damit, dass "die Versammlung ohne
Genehmigung abgehalten worden sei und verhindert werden sollte, dass die Versammlung
politische Dimensionen annimmt."
Diese Angriffe auf iranische Frauen sind
ein neuer Höhepunkt der Unterdrückung freiheitlicher Zusammenkünfte und Versammlungen.
Solche Angriffe nehmen zu, seit Ahmadinedjad im August 2005 an die Macht
gekommen ist (vgl. unsere Mitteilung vom 24.08.2005). Im Januar 2006
attackierten die Sicherheitskräfte Busfahrer, die gegen ihre schlechten
Arbeitsbedingungen protestierten und nahmen mehrere hundert von ihnen fest. Im
Februar 2006 gingen Sicherheitskräfte mit Gewalt und Tränengas gegen mehrere
hundert Sufi-Anhänger vor, die sich vor ihrem Gebetshaus versammelt hatten, um
es vor der geplanten Zerstörung zu schützen.
Die “Internationale
Liga für Menschenrechte“ verurteilt auf Schärfste die brutalen Angriffe auf die
Schriftstellerin und Ossietzky-Medaillenträgerin Simin Behbahani sowie auf
zahlreiche andere Frauen. Sie fordert von der deutschen und europäischen Außenpolitik,
mehr Druck auf Teheran auszuüben, damit das drängende Problem der
systematischen Menschenrechtsverletzungen im Iran nicht vollends durch den
Streit um das Atomprogramm verdrängt wird. (Presseerklärung
vom 16.03.06)
Dr. Rolf Gössner (Liga-Präsident) Mila Mossafer (Mitglied des Liga-Vorstands)
T Ü R K E I
Soziologin Pinar Selek
droht lebenslange Freiheitsstrafe in der Türkei
Am 28. Dezember 2005 fand vor dem 12. Schweren Strafgericht in Istanbul
eine Hauptverhandlung im Prozess gegen die Soziologin und Schriftstellerin
Pinar Selek und drei weitere Angeklagte statt. Die vier sind angeklagt, im
Auftrag der PKK an einer Explosion im Misir-Basar in Istanbul im Jahr 1998, bei
der sieben Menschen getötet und 120 verletzt wurden, beteiligt gewesen zu sein.
Die Staatsanwaltschaft forderte eine lebenslängliche Freiheitsstrafe.
Pinar Selek wurde im Juli 1998 festgenommen und von
der Antiterrorabteilung der Polizei verhört. Die Polizei fragte sie nach Namen
von PKK-Mitgliedern, die sie im Rahmen ihrer Arbeit an einem Buch über
Militarismus und Frieden in der Türkei und Kurdistan interviewt hatte. (Veröffentlicht Mai 2004; Originaltitel: Barışamadık)
Sie weigerte sich, Namen zu nennen, und wurde
Berichten zufolge gefoltert, u.a. durch das Aufhängen an den Armen, Schläge und
Elektroschocks an der Schläfe. Später wurde sie in das Gefängnis Bayrampasa
überstellt, wo sie erfuhr, dass sie der Unterstützung einer terroristischen
Organisation und der Mithilfe an der Organisation des Bombenanschlags im
Misir-Basar angeklagt sei.
Im Jahr 2000 wurde Selek aus der Haft
entlassen, nachdem eine Expertenkommission ein Gutachten erstellt hatte, wonach
die Explosion nicht durch eine Bombe, sondern durch austretendes Gas verursacht
wurde. Trotz dieser Entlastung wird der Prozess gegen sie und drei weitere
Angeklagte - Alaattin Oget, Isa Kaya und Kadriye Kubra Sevgi – wegen
Mitgliedschaft in der PKK und Straftaten, die mit diesem Vorfall in
Zusammenhang stehen, vor dem Hohen Strafgericht (dem ehemaligen Staatssicherheitsgericht)
fortgesetzt.
Nach der Anti-Terror-Gesetzgebung im türkischen
Strafrecht ist es illegal, ein Mitglied der der von der Regierung als terroristische
Organisation eingestuften PKK zu sein. Dennoch scheint es keinen Beweis dafür
zu geben, dass die Angeklagten Mitglieder der PKK sind.
Obwohl Selek aus der Haft entlassen wurde, gilt für
sie ein Ausreiseverbot aus der Türkei bis zum Ende des Prozesses, der seit über
sechs Jahren andauert.
Vor ihrer Haftzeit lebte und arbeitete Selek mit
Straßenkindern und schrieb zwei Bücher über die Gewalt gegen Transvestiten
sowie über Militarismus und die Hindernisse auf dem Weg zum Frieden. Sie
graduierte in Soziologie an der Mimar-Sinan-Universität und absolvierte seit
einem Jahr ihren Master-Studiengang, als sie verhaftet wurde. Nach ihrer
Haftentlassung im Jahr 2000 vervollständigte sie ihre Magisterarbeit und
erhielt ihren Master-Abschluss. Sie gründete außerdem die Frauenakademie Amargi
und eine alternative Akademie für Geschichte in Urfa.
(Infoquellen:
American Sociological Association, Hurriyet, Turkish Daily News, Initiative for
Freedom of Expression).
Petition
Wir
sind über den beigefügten Bericht tief besorgt und möchten unsere Hoffnung und
Zuversicht ausdrücken, dass dieser Fall mit höchster Aufmerksamkeit behandelt
wird und die Anklage gegen Pinar Selek bald fallengelassen wird, sofern keine
glaubhaften Beweise vorgelegt und veröffentlicht werden, die die Vorwürfe gegen
sie belegen.
Prof. Noam Chomsky
(Linguist, USA), Prof. Ariel Dorfman (Lateinamerikanist, Dramatiker, USA),
Prof. Peter Cole (Linguist, USA), Prof. Judith Blau (Soziologin, USA), Prof.
Josef B. Gunz (Soziologe, Österreich), Lee Herring (Director of Public Affairs
& Public Information der American Sociological Assn., USA), Prof. Ivaylo
Ditchev (Anthropologe, Bulgarien), Jutta Treiber (Autorin, Österreich), David
Pisani (Fotograf, Moviment Graffitti, Malta), Ulla Jelpke (MdB, BRD), Benno
Herzog (Soziologe, Spanien), Eva Quistorp (MdEP a.D., Frauen für Frieden, BRD),
Dr. med. Elisabeth Fries (Ärztin, refugio Stuttgart), Prof. Dr. Gerhard Stuby
(Völkerrechtler, BRD), Yavuz Fersoğlu (Diplomjurist, Landessprecher der
Linkspartei.PDS Hamburg), Dr. Nikolaus Brauns (Historiker, BRD), Dr. Heinz
Jürgen Schneider (Rechtsanwalt, BRD), Christian Arndt (Pastor, BRD), Heike
Geisweid (Rechtsanwältin, BRD), Britta Wente (Stuttgarter FrauenFluchtNetz),
Ursula Kretschmer (Diplom-Sozialrbeitein, refugio Stuttgart), Annett Bender
(Grafikerin, BRD), Ulrike Küstler (Stadträtin DIE LINKE.PDS, BRD), Christiane
Schneider (Verlegerin, BRD), Ceri Mohterem (Journalistin, Kamerafrau, BRD),
Jörn Wunderlich (MdB, BRD), Dr. Rolf Gössner (Rechtsanwalt/Publizist, Präsident
der „Internationalen Liga für Menschenrechte“, BRD), Prof. Dr. Reimar v.
Alvensleben (Agrarökonom, BRD), Erika Fischer (Systemische Familientherapeutin,
BRD), em. Prof. Dr. Ing. Manfred Fischer,
Kornelia Möller (MdB, BRD).
Liga-Prozessbeobachtungen
Die
Liga hat in letzter Zeit wieder an mehreren Prozessbeobachtungen teilgenommen:
So hat unser Liga-Mitglied Rechtsanwalt Eberhard Schultz in Atlanta/USA den
Fortgang des Prozesses gegen die Cuba-5 u.a. im Auftrag der Liga beobachtet.
Und Rolf Gössner hat zu Beginn des Jahres drei Prozessbeobachtungen absolviert:
Vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxembourg ging es um die Überprüfung der
Rechtmäßigkeit der EU-Terrorliste (dazu hatte die Liga bereits Stellungnahmen
abgegeben), vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe ging es um die
Rechtmäßigkeit von Hausverboten auf dem Frankfurter Flughafen, gegen die sich
Abschiebegegner zur Wehr setzten. Und vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe ging
es um das neue, bislang bundesweit einzigartige Berufsverbots, das gegen einen
Heidelberger Realschullehrer wegen dessen antifaschistischer Betätigung
erlassen wurde. Diese Verfahren haben wir zusammen mit anderen
Bürgerrechtsgruppen beobachtet.
I.
Berufungsverfahren der fünf Kubaner in den USA
(Appellationsgericht
Atlanta/USA)
»Die
Verteidigung ist erst einmal zufrieden«
Erste Anhörung im
Fall der »Miami Five« vor Berufungsgericht in Atlanta (USA).
Die fünf Kubaner sind seit acht Jahren in Haft.
* Eberhard Schultz
ist Rechtsanwalt in Bremen und Berlin und verfolgt zur Zeit im Auftrag des
Komitees »Basta Ya! – Für die Befreiung der fünf Kubaner« und mit Unterstützung
der Internationalen Liga für Menschenrechte, des Republikanischen Anwältinnen-
und Anwältevereins sowie der Berliner Rechtsanwaltskammer im US-amerikanischen
Atlanta ein Berufungsverfahren im Fall der sogenannten Miami Five
F: Seit nunmehr
acht Jahren sitzen in den USA fünf Kubaner aufgrund fragwürdiger Vorwürfe in
verschiedenen Gefängnissen. Derzeit kämpfen sie vor einem Berufungsgericht für
ihre Freiheit. Was ist die Vorgeschichte?
Sie wurden unter dem
Vorwurf der Spionage festgenommen. Später kam gegen einen noch ein Mordvorwurf
hinzu. Seit der Festnahme sitzen sie unter zum Teil sehr harten Bedingungen
in Haft. Einige haben
in all den Jahren weder ihre Frau noch ihre Kinder sehen können. Zum Teil waren
sie eineinhalb Jahre in vollständiger Isolation.
Die Vorwürfe beruhen
darauf, daß diese fünf in Miami die rechtsextremen kubanischen Organisationen
ausgeforscht haben. Diese Gruppen organisieren von dort mit Duldung der
US-amerikanischen Behörden seit Jahrzehnten Terroranschläge auf Kuba, weshalb
die kubanische Regierung beschloß, verstärkt Informationen über diese
Organisationen zu sammeln.
F: Was wurde damit
gemacht?
Es ging unter anderem
darum, die USA mit konkreten Fakten aufzufordern, etwas gegen den Terror zu
unternehmen. US-Vertretern wurden
seinerzeit mehrere
Ordner mit dem zusammengetragenen Material übergeben. Einige Monate später hat
sich die US-Regierung damit bedankt, daß sie die fünf, von denen die
Informationen stammten, festnehmen ließ und ihnen Verabredung zur Spionage und
zum Mord vorwarf. »Verabredung« deshalb, weil es keinerlei Beweise gibt, daß
die fünf Spionage betrieben haben. Ihrerseits haben sie immer betont, daß sie
in keinerlei öffentliche Einrichtung eingedrungen sind und auch kein Geheimnis
der USA ausgespäht haben.
F: Dennoch wurden
sie verurteilt.
Ja. Es kam in Miami
unter sehr schwierigen Bedingungen zum Prozeß. In den USA wird bekanntlich für
Strafverfahren eine Laienjury einberufen, die über die Frage der Schuld und die
Höhe des Strafmaßes entscheidet. Für ein solches Verfahren ist es entscheidend,
unparteiische Laienrichter zu finden. In Miami, der Hochburg der Exilkubaner,
war das praktisch unmöglich, weil deren rechte Gruppen großen Einfluß auf die
Öffentlichkeit und die Medien haben. Es gab zahlreiche einseitige Berichte, und
auch im Gerichtssaal herrschte eine sehr aggressive Stimmung gegen die
Angeklagten, so daß die Verteidigung von Anfang an sagte, daß in Miami kein
faires Verfahren möglich ist. Trotzdem kam es zur Verurteilung, und zwar auf
eine kuriose Weise. Die Staatsanwaltschaft hatte den Vorwurf der Verabredung
zum Mord zwar fallengelassen, aber die Jury verurteilte einen Angeklagten
deswegen zu zweimal und einen weiteren zu einmal lebenslänglicher Haft.
F: Worum geht es im
gegenwärtigen Verfahren?
Es ist eine Art
Revisionsverfahren, das heißt, es geht allein um Rechtsfragen. Die erste
mündliche Verhandlung hatte im März 2004 vor drei Berufsrichtern stattgefunden.
Nach eineinhalb Jahren sind sie in einer sehr gründlich vorbereiteten
Entscheidung zu dem Schluß gekommen, daß tatsächlich in Miami ein faires
Verfahren nicht möglich war und daher am anderen Ort der Prozeß neu aufgerollt
werden muß. Dagegen hatte die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt – dieselbe
Frage muß nun vor einem Gremium von zwölf Richtern verhandelt werden.
Und in diesem
Verfahren hat am Dienstag die erste öffentliche Anhörung stattgefunden. Das
Ergebnis wird noch einige Monate auf sich warten lassen, aber die Verteidigung
ist mit der Anhörung im wesentlichen zufrieden. Für die Verteidigung waren auch
die europäischen Beobachter wichtig. Auf einer anschließenden Pressekonferenz
habe ich betont, dass die fünf schon allein deshalb freigelassen werden müssen,
weil eine Untersuchungshaft von über sechs Jahren nach internationalen
Standards selbst bei Kapitalverbrechen nicht statthaft ist.
Interview: Wolfgang
Pomrehn
junge welt vom
16.02.2006 www.jungewelt.de
Info: www.menschenrechtsanwalt.de;
www.miami5.de
II. Hausverbot für
Abschiebegegner auf dem Flughafen-Ffm
(Bundesgerichtshof,
Karlsruhe)
„Internationale Liga für
Menschenrechte“ gegen Suspendierung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit für
Abschiebegegner am Frankfurter Flughafen
Liga beobachtet
Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe
Die „Internationale Liga für Menschenrechte“ hat sich für
die Beobachtung eines Revisionsverfahrens vor dem Bundesgerichtshof
entschlossen, weil es dabei um eine Grundsatzfrage in einem demokratischen
Rechtsstaat geht: Darf auf einem Flughafen, von dem aus jedes Jahr fast 8.500
Menschen abgeschoben werden, über drohende Menschenrechtsverletzungen
informiert und dagegen protestiert werden oder ist der private Flughafenbetreiber
als "Hausherr" berechtigt, dies durch Hausverbote und Strafanzeigen
zu unterbinden?
Zum Hintergrund: Durch Informationen und Interventionen des „Aktionsbündnisses Rhein-Main
gegen Abschiebungen“ konnten in den letzten Jahren mehrere problematische
Abschiebungen auf dem Flughaben Frankfurt/M. verhindert werden. Die
Bündnismitglieder klärten vor Ort über die menschenrechtswidrigen Umstände auf,
informierten Flugpassagiere, Piloten und Stewardessen über die Betroffenen und
die Menschenrechtssituation in jenen Ländern, in die sie abgeschoben werden
sollten.
Doch seit einiger Zeit überzieht der private
Flughafenbetreiber die Aktivisten mit Hausverboten und Strafanzeigen –
inzwischen in zweiter Instanz abgesegnet vom Frankfurter Landgericht.
Begründung des Urteils vom 20. Mai 2005: Der Flughafen sei Privatgelände, das
Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit gelte hier nicht, weil die
Fraport AG als Aktiengesellschaft keiner direkten Grundrechtsbindung unterliege
und ihr Hausrecht frei ausüben könne. Diese Entscheidung bedeutet, dass in
Flughafen-Arealen Grundrechte in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt werden
können.
Dazu Liga-Präsident Dr. Rolf Gössner, der das Verfahren vor
dem Bundesgerichthof beobachten wird: „Unter Verweis auf das private Hausrecht einer
Aktiengesellschaft wird die staatliche Abschiebepraxis, die nicht selten mit
Menschenrechtsverletzungen verbunden ist, juristisch absichert. Das ist umso
schwerer nachzuvollziehen, als die Fraport AG, auf deren Flughafengelände sich
jährlich Millionen von Personen bewegen, sich überwiegend in öffentlicher Hand
befindet und im Zusammenhang mit Abschiebungen auch hoheitliche Aufgaben unterstützt.“
Das „Aktionsbündnisses
Rhein-Main gegen Abschiebungen“ hat gegen dieses Urteil Revision vor dem
Bundesgerichtshof eingelegt. Nach Auffassung der Betroffenen muss es möglich
sein, an Orten zu demonstrieren und aufzuklären, an denen Menschenrechtsverletzungen
angebahnt oder begangen werden. Tatsächlich geht es nach Auffassung von Rolf
Gössner bei dem anstehenden Revisionsverfahren um eine Grundsatzfrage:
“Ist
es mit den Prinzipien einer rechtsstaatlich verfassten Demokratie vereinbar,
dass öffentlicher Raum in Privatbesitz umdefiniert wird, wo dann elementare
Grundrechte drastisch eingeschränkt, ja regelrecht suspendiert werden können?
Darf sich eine Demokratie solche grundrechtsfreien Räume leisten - zumal, wenn
in diesen hoheitliche Aufgaben wahrgenommen werden?“
Die "Internationale Liga für Menschenrechte" (Berlin)
informiert Sie mit der anhängenden Pressemitteilung und einem Aufruf „Für die
Aufhebung aller Hausverbote gegen Abschiebegegner am Frankfurter Flughafen“
über die Hintergründe des Revisionsverfahrens vor dem BGH sowie über eine
Veranstaltung zu diesem Thema in Karlsruhe am 19. Januar 2006, an der neben
Liga-Präsident Rolf Gössner auch Mitglieder und eine Anwältin des
Aktionsbündnisses teilnehmen. (17. Januar 2006)
Überall, wo Menschenrechte verletzt werden, ist
Protest nötig.
Über
8.500 Menschen werden jedes Jahr allein vom Frankfurter Flughafen abgeschoben.
Damit ist Frankfurt der größte Abschiebeflughafen der BRD. Immer wieder werden
dabei Menschenrechte verletzt oder es werden Menschen durch die Abschiebung
gefährdet. Vor sechs Jahren ist der Sudanese Aamir Ageeb während einer
zwangsweisen Abschiebung durch BGS-Beamte ums Leben gebracht worden.
gegen abschiebungen
In anderen Fällen wird rechtzeitig bekannt,
dass Flüchtlinge in eine ungewisse Zukunft, in Folter oder Tod abgeschoben
werden sollen. So z.B. bei Zarah Kameli, der im Iran Steinigung drohte. Durch
eine starke Öffentlichkeit, durch Proteste am Flughafen und schließlich durch
die Weigerung des Flugkapitäns, Frau Kameli gegen ihren Willen auszufliegen,
konnte die Abschiebung im letzten Moment verhindert werden.
für das uneingeschränkte grundrecht
auf meinungs-und versammlungsfreiheit
Alle diese Fälle machen Einmischung nötig. Durch Informieren der Crew und Protest kann in letzter Sekunde Unrecht verhindert werden. Seit einiger Zeit überzieht der Flughafenbetreiber Fraport DemonstrantInnen mit Hausverboten und bekam darin von Amts- und Landgericht Frankfurt Recht. Begründung: der Flughafen sei privat, das Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit gelte hier nicht.
Das Aktionsbündnis
gegen Abschiebungen Rhein-Main zieht nun vor den Bundesgerichtshof. Unserer
Meinung nach darf es nicht sein, dass der Flughafen nicht der
Grundrechtsbindung unterliegt. Das Flughafengelände wird vom öffentlichen zum
privaten Raum umdefiniert, das Hausrecht des Betreibers über das Grundrecht auf
Versammlungs- und Meinungsfreiheit gestellt. Letztlich wird es dadurch möglich,
Handlungen staatlicher Behörden in diesem privatisierten Raum der Kritik der Öffentlichkeit
zu entziehen. Dies darf nicht sein!
Protest vor Ort muss
möglich sein!
Aufhebung aller Hausverbote! Wir fordern den sofortigen Stopp aller
Abschiebungen!
Für die
Aufhebung aller Hausverbote
am Frankfurter Flughafen
Weitere
Informationen unter: www.aktivgegenabschiebung.de • Kontakt:
aktionsbuendnis-rm@web.de
Folgende Gruppen und Einzelpersonen haben diesen
Aufruf bisher unterstützt:
Ak Asyl Friedrichsdorf; Arbeitsgemeinschaft für
gewerkschaftliche Fragen, Marburg; Attac AG Globalisierung und Krieg; Attac
Deutschland; attac Reutlingen; Dr. Winfried und Martina Barth, Frankfurt;
Dipl.-Biol. Anja Becker M.A. Soz., Frankfurt; Sigfried Böhringer, Nagold;
Renate Brinkmann; Buchladen Rote Strasse, Göttingen; Bundesarbeitsgemeinschaft
Kritischer JuristInnen, Bürgerinitiative gegen Flughafenerweiterung,
Mörfelden-Walldorf; Connection e.V; Courage gegen Rassismus, Frankfurt; Reiner
Deppe / Komitee für Grundrechte, Frankfurt; DGB-Jugendbüro Südhessen; Helga
Dieter, Frankfurt; Jürgen Ehbrecht; Flüchtlingsrat Brandenburg; RA Dr. Rolf
Gössner / Präsident der internationalen Liga für Menschenrechte, Berlin; Heiko
Habbe/BAKJ; Hamburger Flüchtlingsrat; Hessischer Flüchtlingsrat; Humanistische
Union e.V.; Initiative gegen Abschiebehaft Berlin; JungdemokratInnen / Junge
Linke; Matthias Jochheim, IPPNW / Ärzte in sozialer Verantwortung; Karawane für
die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen, Büro NRW; Karawane für die Rechte
von Flüchtlingen und MigrantInnen-Gruppe Bremen; Dr. Christine Katz, Lüneburg;
Heiko Kauffmann (langjähriger Sprecher und Vorstandsmitglied ProAsyl und Aktion
Courage); Dr. med. Andreas Kemler, Frankfurt; Winfried Klein, Frankfurt;
Komitee für Grundrechte und Demokratie; Konstruktivkolleg Rostock; Helga und
Karl Kümmel, Aalen; Anton C. Kunze / Ausstellungsmacher, Hamburg; Dipl.Ing.
Stefan Kussauer; Herbert Leuninger (Mitbegründer ProAsyl und 1. Sprecher);
Libertad! Frankfurt; MediNetzBonn – medizinische Vermittlungsstelle für Flüchtlinge,
MigrantInnen und Menschen ohne Papiere; Niedersächsischer Flüchtlingsrat;
Potsdamer Initiative für Begegnung; Marlies Reimann; Ute Reski, Göttingen;
Robin Wood; Ruth Ingeborg Rieß / Diplomsozialwissenschaftlerin, Oldenburg;
Dipl.-Soz.-Arb. Bernd Rohmeis, Frankfurt; Erich Schaffner, Göttingen; Erich
Schaffner, Mörfelden; Petra Schmidt, Mörfelden-Walldorf; Andreas Schwantner;
Sonja Schneider, Frankfurt; [`solid] – die sozialistische Jugend; Christa Sonnenfeld
/ Komitee für Grundrechte, Frankfurt; VDAS; Dipl.SozPäd. Nicole Viusa;
Wagenplatz Rüsselsheim; Andreas Burkhardt; WASG Berlin Schöneberg Tempelhof;
Christa Willich-Klein
Rolf Gössner
Sand im Getriebe
unerwünscht
Grundrechte
im Flughafen außer Kraft: Der Bundesgerichtshof
hat ein verhängnisvolles Urteil gegen Abschiebungsgegner gefällt
Jährlich werden Tausende von Menschen aus Deutschland abgeschoben. Sogar in Krisen- und Folterstaaten wie nach Afghanistan, in die Türkei oder den Iran – also in Länder, in denen Menschenrechtsverletzungen zum Alltag gehören. Die meisten Abschiebungen erfolgen gegen den Willen der Betroffenen, viele von ihnen wehren sich aus Verzweiflung und Angst vor Repressalien, manche werden bei der gewaltsamen Abschiebeprozedur verletzt, geraten in Lebensgefahr oder kommen gar zu Tode.
Tatorte sind bundesdeutsche Abschiebeflughäfen – unter ihnen ist der Frankfurter Rhein-Main-Flughafen mit jährlich knapp 9.000 Abschiebungen der größte. Hier wird ständig gegen die Menschenwürde von Flüchtlingen verstoßen, ohne dass die Öffentlichkeit davon erfährt. Es gibt jedoch Gruppen, die das ändern wollen – etwa das Aktionsbündnis Rhein-Main gegen Abschiebungen, deren Aktivisten vor Ort über menschenrechtswidrige Abschiebungen aufzuklären versuchen: Sie informieren Flugpassagiere, Piloten und Crew über die Hintergründe und Gefahren, protestieren vor Ort und nehmen dafür auch Repressalien und Strafverfahren in Kauf.
Durch ihre Einmischung ist es dem Aktionsbündnis schon gelungen, Abschiebungen von gefährdeten Personen zu verhindern – wie etwa im Fall von Zarah Kameli, die Ende der neunziger Jahre hierzulande Zuflucht vor dem iranischen Mullah-Regime gesucht hatte. Die Informationsarbeit über ihre akute Gefährdung hat dazu geführt, dass ein Lufthansa-Pilot seine Mitwirkung an ihrer Abschiebung verweigerte. Wäre die nicht anerkannte Asylbewerberin in ihr Heimatland ausgeflogen worden, hätte ihr im Iran Folter und Tod durch Steinigung gedroht, denn sie hatte sich von ihrem iranischen Mann getrennt und war als Muslima zum Christentum übergetreten. Erst nach dem Abbruch der Abschiebung hat Zarah K. ein Bleiberecht erhalten.
Solche Fälle von Aufklärung und Zivilcourage sind Erfolge praktischer Menschenrechtsarbeit, die von Seiten des privaten Flughafenbetreibers Fraport AG jedoch mit Hausverboten und Strafanzeigen beantwortet wird. So erging es auch der Abschiebegegnerin Julia Kümmel, weil sie am Flughafen-Terminal über die Abschiebung eines Kurden informieren wollte. Sie klagte gegen das erteilte Flughafenverbot durch alle Instanzen; vor einer Woche hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) im Revisionsverfahren sein Urteil gesprochen: Der Flughafenbetreiber darf »Demonstrationen oder ähnliche Aktionen« unterbinden, »wenn diese konkret geeignet sind, eine Störung des Flughafenbetriebs herbeizuführen«. Das Flughafengelände sei nicht für beliebige Zwecke geöffnet, insbesondere nicht für das Verteilen von Flugblättern und für Demonstrationen.
Nicht entschieden hat der BGH jedoch die Grundsatzfrage, um die es in einem demokratischen Rechtsstaat angesichts zunehmender Privatisierungen öffentlicher Räume und Betriebe eigentlich geht: Darf auf einem Flughafen, von dem aus jedes Jahr Tausende von Menschen abgeschoben werden, über drohende Menschenrechtsverletzungen informiert werden – oder ist der Flughafenbetreiber als privater Hausherr berechtigt, den Flughafen zu seinem »Wohnzimmer« zu erklären, Information und Proteste durch Hausverbote zu unterbinden und mit Strafanzeigen zu kriminalisieren?
Die Frage, ob ein privater Flughafenbetreiber an die Grundrechte gebunden ist, hat der BGH bewusst offen gelassen. Ob also der Flughafen zum grundrechtsfreien Raum deklariert werden darf, in dem die Meinungs- und Versammlungsfreiheit der Eigentumsgarantie und dem Hausrecht weichen müssen, ist weiterhin ungeklärt. Das Gericht hat die widerstreitenden Rechtsgüter nicht differenziert gegeneinander abgewogen, sondern der ungehinderten Abwicklung des Flughafenbetriebs – und damit dem reibungslosen Lauf der Abschiebemaschinerie – den absoluten Vorrang eingeräumt. Es hat der Klägerin unterstellt, sie habe es mit ihrer Aktion primär auf eine Störung des Betriebs abgesehen, etwa den Abflug zu verzögern. Angesichts der notwendigen Aufklärung über mögliche Menschenrechtsverstöße ist diese Argumentation unausgewogen und unverständlich.
Diese Entscheidung ist auch deshalb unverständlich, weil sich die Fraport AG überwiegend in öffentlicher Hand befindet, auf dem »Privatgelände« des Frankfurter Flughafens sich jährlich über 50 Millionen Menschen bewegen und fast 9.000 Abschiebungen durchgeführt werden, also hoheitliche Maßnahmen, die nicht selten mit Menschenrechtsverletzungen verbunden sind. Gerade an solchen Orten müsste es doch möglich sein, letztlich flug- und sicherheitsrelevante Informationen an Crew und Flugpassagiere weiterzugeben und auch gegen einzelne Abschiebungen zu protestieren, die Menschen in die Gefahr von Misshandlung und Folter bringen. Solche hoheitlichen Prozeduren müssen dem öffentlichen Blick, der kritischen Aufklärung und dem engagierten Protest zugänglich sein und bleiben.
Die Flüchtlingsorganisation ProAsyl befürchtet angesichts des BGH-Urteils, dass die Versammlungsfreiheit zu einem „Grundrecht dritter Klasse“ herabgestuft wird, „das nur noch an Orten ausgeübt werden kann, die Privatunternehmen mangels Profitinteresse als Restöffentlichkeit und Demonstrationsgelände übrig gelassen haben“. Die Klägerin will den Fall nun vom Bundesverfassungsgericht prüfen lassen Denn es kann mit den Prinzipien einer rechtsstaatlichen Demokratie kaum vereinbar sein, dass öffentlicher Raum in Privatbesitz umdefiniert wird, wo dann elementare Grundrechte eingeschränkt, ja regelrecht suspendiert werden können. Mit diesem brisanten und hochaktuellen Grundproblem hat sich der BGH nicht ansatzweise auseinandergesetzt.
27.01.06
III. Berufsverbotsfall vor Gericht (Verwaltungsgericht
Karlsruhe)
Prozessbeobachter Rolf Gössner: „Wir sind
besorgt darüber, dass ein qualifizierter Bewerber für den Schuldienst wegen
seines antifaschistischen Engagements Zweifel an seiner Verfassungstreue
hervorrufen kann und ihm damit der Weg in den Schuldienst versperrt wird.“
Die Bundesrepublik Deutschland ist schon einmal für die Verhängung eines Berufsverbots vom Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg verurteilt worden – wegen Verstoßes gegen die Menschenrechte. Jetzt ist das Verwaltungsgericht Karlsruhe am Zug. „Den Anfängen einer neuen Berufsverbote-Politik sollte schnellstmöglich Einhalt geboten werden, damit nicht weitere Lebensperspektiven und Berufskarrieren zerstört werden“, sagte Rolf Gössner im Vorfeld der Prozesses. (8. März 2006)
Weitere Informationen zum Fall
unter: www.gegen-berufsverbote.de;
www.gegen-berufsverbote.de/index1.php?section=stimmen;
www.grundrechtekomitee.de/index.php?typ=Artikel§ionID=18;
www.rav.de;
www.gew-bw.de/PM_2306_Berufsverbot.html
09.03.2006
Am
morgigen Freitag beginnt vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe ein Prozeß um das
Berufsverbot, das die damalige baden-württembergische Kultusministerin Annette
Schavan (CDU) im August 2004 gegen den Heidelberger Realschullehrer Michael
Csaszkóczy verhängt hat. Der Betroffene kämpft seit Ende 2003 um eine
Anstellung, nachdem ihm mitgeteilt wurde, er könne deshalb nicht beschäftigt
werden, weil nicht gewährleistet sei, daß er auf dem Boden der Verfassung
stehe. Dabei erfuhr Csaszkóczy auch, daß das Landesamt für Verfassungsschutz
ihn mehr als zehn Jahre lang beobachtet hatte. Mißfallen erregte vor allem sein
Engagement gegen Neonazis und deutsche Kriegsbeteiligungen.
Jetzt
wird Csaszkóczys Klage gegen das Land Baden-Württemberg in Karlsruhe
verhandelt. Vertreter von vier Bürgerrechtsorganisationen werden den Prozeß
beobachten. Der prominente Anwalt Rolf Gössner wird als Präsident der
Internationalen Liga für Menschenrechte und als Vertreter des Republikanischen
Rechtsanwältevereins (RAV) anwesend sein. Vor Beginn des Verfahrens sagte er:
»Es geht bei diesem Verfahren um die grundsätzliche Frage, ob in der
Bundesrepublik die berüchtigte Berufsverbotspraxis früherer Jahrzehnte wieder
auflebt oder endlich der Vergangenheit angehört.« Mit dem Berufsverbot werde
ein engagierter Antifaschist »vom Schuldienst ferngehalten, dem persönlich kein
Fehlverhalten vorzuwerfen und der für den Lehrerberuf bestens qualifiziert
ist«, stellte Gössner fest.
Neben den Bürgerrechtsorganisationen unterstützt auch der
Landesverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) den betroffenen
Lehrer.
11.03.2006
Prozess am Verwaltungsgericht Karlsruhe: überzeugter Antifaschist will eingestellt werden
Von Meinrad Heck
KARLSRUHE.
Wegen zweifelhafter Verfassungstreue wird einem Pädagogen und überzeugten
Antifaschisten die Einstellung in den baden-württembergischen Schuldienst
verweigert. Ob das rechtens ist, entscheidet am Montag das Verwaltungsgericht
Karlsruhe.
Durch die Flure der Justiz geistert das Gespenst des
Radikalenerlasses. Mitte der 70er Jahre war es gewesen, als Lokomotivführer,
Lehrer und andere angehende Beamte, die kommunistischer Umtriebe verdächtigt
wurden, faktisch mit einem Berufsverbot belegt worden waren. Und jetzt, so
befürchten Kritiker, beginne der Spuk von neuem.
Michael Csaszkãczy klagt vor dem Verwaltungsgericht
Karlsruhe auf Einstellung in den Schuldienst. Die wird ihm seit Jahren
verweigert. Der 36-jährige ist Mitglied der als linksextremistisch eingestuften
Antifaschistischen Initiative Heidelberg. Und weil er sich in einem
"vertieften Einstellungsgespräch" beim Oberschulamt auch noch ausdrücklich
dazu bekannte, haftet an ihm ein so genannter "Eignungsmangel". Denn
die besagte Heidelberger Initiative steht im Verdacht, "Militanz" zu
befürworten.
Einige
Dutzend Sympathisanten begleiten Michael Csaszkãczy zu seinem
Verhandlungstermin. "Kein Berufsverbot" ist auf Spruchbändern zu
lesen. Sein Anwalt Martin Heiming hat Dutzende von Schriftsätzen verfasst und kritisiert vehement den
baden-württembergischen Verfassungsschutz, auf dessen Erkenntnisse sich die
Ablehnung seines Mandanten stützt. Aber nichts davon sei bewiesen. Und vor
allem werde Michael Csaszkãczy noch nicht einmal der Vorwurf einer persönlichen
Verfehlung gemacht.
Demnach genügte das Etikett antifaschistisch zu sein. Der
heute 36-Jährige hatte an Publikationen über Widerstandskämpfer im Naziregime
mitgewirkt, Proteste gegen rechte Demonstrationen organisiert. Rein fachlich
hatte sich der Mann aber nichts zu Schulden kommen lassen. Keiner wirft ihm
vor, er indoktriniere etwa Schüler.
Während seiner Referendarszeit hätten amtliche
Prüfer an seiner pädagogischen Qualifikation nichts auszusetzen gehabt,
kritisiert Anwalt Heiming. "Es ist zum Haareraufen", sagt er.
Die Gegenseite widerspricht nicht. Es gebe keine
persönlichen Verfehlungen, gesteht Detlef Brandner, der Leitende
Regierungsdirektor im Regierungspräsidium Karlsruhe und zuständig für das
Referat Lehrer- und Personalverwaltung. Der so umstrittene Pädagoge "zeigt
Zivilcourage", meint Brandner, er sei "friedliebend", allerdings
mache ihn sein Bekenntnis zur Antifaschistischen Initiative nun einmal
"einfach untauglich". Also verdeutlicht der Regierungsdirektor:
"Ich wollte nicht haben, dass mein Sohn bei ihm in Geschichte oder
Gemeinschaftskunde unterrichtet wird."
Beistand erhält Michael Csaszkãczy von der Gewerkschaft
Erziehung und Wissenschaft oder von der Internationalen Liga für
Menschenrechte. Deren Präsident Rolf Gössner kritisiert, dass durch die
bisherigen Entscheidungen baden-württembergischer Behörden einem
"engagierten Antifaschisten Berufsverbot erteilt wurde". Das sei eine
"politisch motivierte Entscheidung, die auf zweifelhaften Erkenntnissen
des Verfassungsschutzes" beruhe. "Schärfsten Protest" erhebt
auch die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Nordbaden, Hildegard
Klenk. Es sei "unglaublich, dass der Kollege zwölf Jahre vom Geheimdienst
beobachtet" worden sei und dass bei der Entscheidung, ihn nicht in den
Schuldienst zu übernehmen, "seine Persönlichkeit nicht beachtet"
worden sei. Das Verwaltungsgericht will sein Urteil am Montag verkünden.
Karlsruhe
- Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat am gestrigen Freitag über die
Rechtmäßigkeit eines Berufsverbotes für den Heidelberger Realschullehrer
Michael Csaszkóczy verhandelt. Ihm wird seit 2004 vom baden-württembergischen
Kultusministerium der Eintritt in den Schuldienst verwehrt, weil er sich für
die "Antifaschistische Initiative Heidelberg" (AIHD) engagiert. Das
Urteil wird am Montag erwartet. Nach Angaben der Gewerkschaft Erziehung und
Wissenschaft (GEW) handelt es sich um den bundesweit einzigen
Berufsverbots-Fall, bei dem ein Lehrer betroffen ist. Der Prozess wird von der
Humanistischen Union, der Internationalen Liga für Menschenrechte, dem Komitee
für Grundrechte und Demokratie und dem Republikanischen Anwaltsverein
beobachtet. Das Bekenntnis des Lehrers zur AIHD macht ihn nach Ansicht des
Vertreters des Landes, Detlef Brandner, als Beamten "untauglich". Die
Gruppierung wird vom Landesamt für Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestuft.
Zweifelhafte Erkenntnisse des Verfassungsschutzes?
Zur
Bedeutung des Verfahrens sagte Dr. Rolf Gössner, Präsident der Internationalen
Liga für Menschenrechte, im Vorfeld des Prozesses: "Wir sind besorgt
darüber, dass ein qualifizierter Bewerber für den Schuldienst wegen seines
antifaschistischen Engagements Zweifel an seiner Verfassungstreue hervorrufen
kann und ihm damit der Weg in den Schuldienst versperrt wird." Es gehe bei
diesem Verfahren um die grundsätzliche Frage, ob in der Bundesrepublik die
berüchtigte Berufsverbotspraxis früherer Jahrzehnte wieder auflebe oder endlich
der Vergangenheit angehöre.
Die
prozessbeobachtenden Bürgerrechtsgruppen sehen nach wie vor die Gefahr, dass
mit diesem Berufsverbot ein engagierter Antifaschist aus Gesinnungsgründen vom
Schuldienst ferngehalten wird, dem persönlich kein Fehlverhalten vorzuwerfen
und der für den Lehrerberuf bestens qualifiziert sei. "Wir werten diese
Ablehnung bislang als Verstoß gegen die Grundrechte auf Meinungs- und Berufsfreiheit
- eine unseres Erachtens politisch motivierte Entscheidung des
baden-württembergischen Kultusministeriums, die überwiegend auf den
zweifelhaften Erkenntnissen und Bewertungen des Verfassungsschutzes
beruht", so Gössner.
Die Bundesrepublik sei schon einmal für die
Verhängung eines Berufsverbots vom Internationalen Gerichtshof für
Menschenrechte in Straßburg verurteilt worden - wegen Verstoßes gegen die Menschenrechte,
erläutert Gössner. Jetzt sei das Verwaltungsgericht Karlsruhe am Zug. "Den
Anfängen einer neuen Berufsverbote-Politik sollte schnellstmöglich Einhalt
geboten werden, damit nicht weitere Lebensperspektiven und Berufskarrieren
zerstört werden." (pma)
Bürgerrechtsorganisationen: „Mit
dem Berufsverbotsurteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe wird ein falsches
Signal gesetzt“
Prozessbeobachter Rolf Gössner: „Das Gericht hat es
versäumt, ein Wiederaufleben
der berüchtigten Berufsverbotspraxis früherer Jahrzehnte zu verhindern“
Mit
großer Enttäuschung haben die Bürgerrechtsorganisationen, die am letzten
Freitag das Berufsverbotsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Karlruhe
beobachtet haben, das heute ergangene Urteil aufgenommen. Das Verwaltungsgericht
hat die Klage des Heidelberger Realschullehrers Michael Csaszkóczy abgewiesen
und das gegen ihn seit 2004 verhängte Berufsverbot bestätigt.
Liga-Präsident
Dr. Rolf Gössner, der auch im Auftrag des Komitees für Grundrechte und
Demokratie und des Republikanischen Anwältinnen- und Anwaltsvereins den Prozess
beobachtet hat, zu dem Urteil: „Das Gericht hat es versäumt, der berüchtigten
Berufsverbotspraxis früherer Jahrzehnte einen Riegel vorzuschieben und hat stattdessen
im Ergebnis ein mehr als zweifelhaftes Berufsverbot gerichtlich abgesegnet.“
Mit dieser Entscheidung werde einem qualifizierten Bewerber für den Schuldienst
wegen seines antifaschistischen Engagements und seiner politischen Gesinnung
der Weg in den Schuldienst weiterhin versperrt.
Zwar
sind die Urteilsgründe noch nicht bekannt. Doch für Prozessbeobachter ist
während der mündlichen Verhandlung deutlich geworden, dass dem betroffenen
Kläger persönlich keinerlei Fehlverhalten oder gar verfassungsfeindliches
Verhalten vorgeworfen wird – im Gegenteil: Ihm wurde vor Gericht bescheinigt,
Zivilcourage und Engagement gegen Rechtsextremismus zu zeigen, persönlich
friedliebend und für seinen Beruf bestens qualifiziert zu sein. Allein seine
Mitgliedschaft in der Antifaschistischen Initiative Heidelberg wird ihm zum
Vorwurf gemacht, weil diese vom Verfassungsschutz beobachtet und als
„linksextremistisch“ eingestuft wird – „im Zweifel also gegen den
Lehramtskandidaten, dessen weitere Lebensperspektive und Berufskarriere mit
diesem in der Bundesrepublik einzigartigen Berufsverbot erheblich beschädigt
werden“, sagte Rolf Gössner.
Die
Bürgerrechtsorganisationen erinnern daran, dass die Bundesrepublik Deutschland
schon einmal für die Verhängung eines Berufsverbots vom Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg wegen Verstoßes gegen die
Menschenrechte verurteilt worden ist – nachdem die bundesdeutschen Gerichte
durch alle Instanzen hindurch jenes Berufsverbot für rechtens erklärt hatten.
Insofern halten wir es für sinnvoll, dass Michael Csaszkóczy mit Unterstützung
der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Rechtsmittel gegen das Urteil
einlegen wird – auch wenn der Weg durch die Instanzen mühsam, kostenträchtig
und lebenszeitraubend ist. gr/ste/hh (13. März 2006)
Das
Verwaltungsgericht Karlsruhe hat am Montag das Berufsverbot gegen einen Lehrer
wegen Zweifeln an seiner Verfassungstreue für rechtmäßig erklärt. Damit wiesen
sie eine Klage des 35-Jährigen ab. Der Realschullehrer darf damit weiterhin
weder in Baden-Württemberg noch in Hessen unterrichten. Beide Ländern
verwehrten ihm den Eintritt in den Schuldienst.
Der
Realschulpädagoge Michael Csaszkóczy soll als führendes Mitglied in der
"Antifaschistischen Initiative Heidelberg" engagiert sein. Die Gruppe
wird vom Landesamt für Verfassungsschutz als linksextrem eingestuft. Sie richte
sich gegen die Verfassung, heißt es
Bereits
während der Verhandlung hatte der vorsitzende Richter Bernd Heß gesagt:
"Bei ihren Fächern Deutsch und Geschichte besteht Anlass zur Befürchtung,
dass sie in diesem Unterricht ein Bild unseres Staates propagieren, das von
Seiten des Landes als diskriminierend angesehen wird." Csaszkóczy
rechtfertigte sich damit, ihm sei bislang in der Praxis noch nie vorgehalten
worden, "die Schüler zu beeinflussen oder zu indoktrinieren." Der studierte
Germanist und Historiker kündigte schon vor Veröffentlichung des Urteils an, er
werde sich mit einer Abweisung seiner Klage nicht zufrieden geben. Er will in
Berufung gehen.
Nach
Angaben der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) handelt es sich
um den ersten Fall eines Berufsverbots für einen Lehrer in Baden-Württemberg
seit 1993. Die Gewerkschaft steht hinter Csaszkóczy. Die Vorsitzende des
Bezirks Nordbaden der GEW Hildegard Klenk nannte das Verfahren eine
"politisch gefährliche Aussage". Viele andere politisch aktive Lehrer
seien nun in Sorge.
Verschiedene
linke Gruppen und Menschenrechtsorganisationen beobachten das Verfahren. Nach
Ansicht von Dr. Rolf Gössner, Präsident der Internationalen Liga für
Menschenrechte, geht es bei diesem Verfahren auch um die grundsätzliche Frage,
ob die Bundesrepublik die Berufsverbotpraxis aus den Siebziger Jahren wieder
aufleben lasse oder endgültig begrabe.
Die Ablehnung des
Lehramtsanwärters war 2004 auch von der heutigen Bundesbildungsministerin
Anette Schavan bestätigt worden. Die CDU-Politikerin war damals
Kultusministerin in Stuttgart.
Menschen aus verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen protestieren in einer Internetkampagne gegen die Wiederbelebung der Berufsverbote durch die Bundesländer Baden-Württemberg und Hessen. Sie fordern die sofortige Rehabilitierung des Realschullehrers Michael Csaszkóczy, dem seit Ende des Jahres 2003 wegen seines politischen Engagements in der Antifaschistischen Initiative Heidelberg die Ausübung seines Berufes untersagt ist.
Zu
den ersten Unterzeichnenden gehörten die Musiker Franz-Josef-Degenhardt, Udo
Lindenberg und Konstantin Wecker, die Holocaust-Überlebenden Peter Gingold und
Esther Bejarano, die Bundesvorsitzende der Grünen Claudia Roth, der
Schauspieler und Übersetzer Harry Rowohlt, der Präsident der Internationalen
Liga für Menschenrechte Rolf Gössner sowie zahlreiche weitere Personen aus
Gewerkschaften, Politik, Kultur, Pädagogik und Wissenschaft.
Die
Kampagne zeitigte eine solche Resonanz, dass die zuerst anvisierten 1000
Stimmen innerhalb von nur zwei Wochen zusammen kamen. Mittlerweile hat das
Solikomitee eine Fortsetzung der Kampagne mit regionalen und themenspezifischen
Schwerpunkten gestartet.
Der
Wortlaut des Aufrufs und die Liste der UnterstützerInnen sind im Internet unter
www.gegen-berufsverbote.de
unter der Rubrik '10.000 stimmen' einzusehen.
Solikomitee
Heidelberg
Verfassungsschutz-Beobachtung
Der Vorstand der „Internationalen
Liga für Menschenrechte“ hat mit Empörung zur Kenntnis genommen, dass Liga-Präsident
Dr. Rolf Gössner weiterhin unter geheimdienstlicher Beobachtung des Bundesamtes
für Verfassungsschutz (BfV) steht. Das geht aus einem Dossier des
Bundesamtes hervor. Die Liga protestiert aufs Schärfste gegen diese
Ausforschung ihres Vorsitzenden durch den deutschen Inlandsgeheimdienst. Es
bestehe die große Gefahr, dass damit auch eine international anerkannte
Menschenrechtsvereinigung ins Visier des Verfassungsschutzes geraten ist und
weiterhin gerät.
Rolf Gössner hat gegen die Bundesrepublik Deutschland
Klage beim Verwaltungsgericht Köln erhoben und letzte Woche die Klagebegründung
eingereicht. Die Klage ist zunächst auf eine vollständige Auskunft des BfV über
alle zu seiner Person gespeicherten Daten gerichtet, da das Amt weitergehende
Auskünfte wegen „Geheimhaltungsbedürftigkeit“ und „Ausforschungsgefahr“ sowie
zum Schutz von „Quellen“ verweigert hat; in einem weiteren Schritt soll die
Rechtmäßigkeit der Erfassung gerichtlich überprüft und eine Löschung der Daten
erstritten werden. Dieses Verfahren hat über den Einzelfall hinaus
grundsätzliche Bedeutung, denn es geht um ein brisantes Problem, das auch
andere Publizisten, Rechtsanwälte und Menschenrechtler betrifft: Welche Grenzen
sind den kaum kontrollierbaren Nachrichtendiensten und ihren geheimen
Aktivitäten gezogen – besonders im Umgang mit Berufsgeheimnisträgern und ihm
Rahmen unabhängiger Menschenrechtsarbeit von Nichtregierungsorganisationen?
Zur Vorgeschichte:
Voriges Jahr hat Rolf Gössner auf seinen Antrag vom BfV
das vorerst letzte Dossier über seine ihm zur Last gelegten Aktivitäten
erhalten. Grund für seine Überwachung ist laut BfV, dass er Kontakte zu Gruppen
und Personen hat, die der Verfassungsschutz (VS) als „linksextremistisch“ oder
„linksextremistisch beeinflusst“ einstuft, ohne jedoch Kriterien für diese
Einstufung zu benennen. Dazu zählen etwa die „Vereinigung der Verfolgten des
Naziregimes“ (VVN) und die Rechtshilfegruppe „Rote Hilfe e.V.“. Bei
den über Gössner gesammelten „Sünden“ handelt es sich insbesondere um seine
Artikel, Reden und Interviews, die in bestimmten Publikationen – etwa in den
Tageszeitungen „Junge Welt“ und „Neues Deutschland“ – erschienen
sind sowie um Lesungen und andere Veranstaltungen mit bestimmten Veranstaltern,
wie etwa der VVN oder der „Rosa-Luxemburg-Stiftung“.
Letzten Endes wird Rolf Gössner eine Art „Kontaktschuld“
zur Last gelegt, nicht etwa eigene verfassungswidrige Bestrebungen. Es handelt
sich bei all diesen inkriminierten Beiträgen ausschließlich um Berufskontakte
im Rahmen seiner vielfältigen beruflichen und ehrenamtlichen Tätigkeiten,
insbesondere seiner Bürger- und Menschenrechtsarbeit. In zahlreichen
Publikationen hat er sich kritisch u.a. mit den Praktiken der
Sicherheitsorgane, besonders auch der Geheimdienste befasst, so etwa in seinem
letzten Buch „Geheime Informanten. V-Leute des Verfassungsschutzes:
Kriminelle im Dienst des Staates“ (Knaur-Verlag, München 2003).
Immer wieder laden ihn Bundestag und Landtage als
Sachverständigen ein, um in Gesetzgebungsverfahren u.a. Polizei- und
Geheimdienst-Gesetzentwürfe zu begutachten. Auch von der
Polizeiführungsakademie, von Polizeifachhochschulen und selbst vom
Verfassungsschutz ist er als Experte zu Vorträgen und Diskussionen eingeladen
worden.
Rolf Gössner ist für die Liga auch Mitherausgeber des
jährlich erscheinenden „Grundrechte-Reports – Zur Lage der Bürger- und
Menschenrechte in Deutschland“ (Fischer-Verlag, Ffm) sowie Mitglied in der
Jury zur Vergabe des Negativpreises „BigBrotherAward“, der an
Institutionen und Personen verliehen wird, die besonders gegen Datenschutz und
informationelle Selbstbestimmung verstoßen haben – so wie voriges Jahr an den
ehemaligen Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), auf den Gössner die
„Laudatio“ gehalten hat (dok. in: Frankfurter Rundschau 31.10.05).
Mit Rolf Gössner wird ausgerechnet ein Streiter gegen den
permanenten Abbau von Bürgerrechten behandelt wie ein „Verfassungsfeind“ – und
nicht etwa jene „Sicherheitspolitiker“, die in der Vergangenheit, insbesondere
im Zuge der Terrorismusbekämpfung, der Verfassung und den Grundrechten schweren
Schaden zufügt haben. Erinnert sei insoweit nur an die Demontage des
Asylgrundrechts und an eine ganze Reihe hochproblematischer „Antiterrorgesetze“
mit ihren tiefgreifenden Eingriffen in die Substanz der Bürgerrechte; des
Weiteren an den Großen Lauschangriff, die präventive
Telekommunikationsüberwachung und das Luftsicherheitsgesetz, die vom Bundesverfassungsgericht
für weitgehend verfassungswidrig erklärt wurden.
Der Verfassungsschutz beobachtet Rolf Gössner schon seit
1970, also seit nunmehr 35 Jahren. Kurz nach dem ersten Bekanntwerden vor zehn
Jahren hatte diese Affäre erhebliche öffentliche Reaktionen hervorgerufen. Der
Verband Deutscher Schriftsteller, die IG Medien, die Deutsche
Journalisten-Union, Juristenorganisationen, acht Bürgerrechtsgruppen – darunter
die Liga - sowie zahlreiche prominente Schriftsteller des deutschen
P.E.N.-Zentrums haben sich seinerzeit in Offenen Briefen an das BfV gewandt und
gegen die geheimdienstliche Erfassung ihres Kollegen protestiert; auch der
Deutsche Bundestag und die Bundesregierung haben sich mit seinem Fall befasst –
allerdings ohne Ergebnis. Die Beobachtung ging jedenfalls weiter, auch unter
der rot-grünen Regierungskoalition, und dauert nachweislich bis heute an. Die
Maßnahmen dieser geheimdienstlichen Langzeitüberwachung eines engagierten
Rechtsanwalts, Publizisten und Menschenrechtlers verletzen die Persönlichkeitsrechte,
den Informantenschutz, das Mandatsgeheimnis und die ausforschungsfreie Sphäre,
die für unabhängige Menschenrechtsgruppen unabdingbar ist.
Der Vorstand der Liga fordert das Bundesamt für Verfassungsschutz
und die für den Inlandsgeheimdienst verantwortliche Bundesregierung auf, die
Überwachung des Liga-Präsidenten Dr. Rolf Gössner unverzüglich einzustellen und
ihm gegenüber sämtliche erfassten Daten offen zulegen!
Vorstand der „Internationalen Liga
für Menschenrechte“ 21. Februar 2006
Im letzten
BfV-Dossier werden – neben einigen Aufrufen und Veranstaltungen - einige der
zahlreichen publizistischen Beiträge von und über Rolf Gössner als
verfassungsschutzrelevant aufgezählt, so u.a. in „Junge Welt“ (z.B. sein
Interview zum BigBrother Award), in „Neues Deutschland“ (u.a. Beitrag
über seine Wahl zum Liga-Präsidenten), in „antifa“ (VVN-Interview
„Verfassungsschutz gehört aufgelöst“); „Özgür Genclik“ (Interview zur
Lage der Menschenrechte in der Türkei und zur Kurdenproblematik); „Die
Woche“ („Unter Schlapphüten. 50 Jahre Verfassungsschutz: Der Rechtsanwalt
und Buchautor Rolf Gössner kann dem Amt, das ihn seit mehr als 30 Jahren
überwachen lässt, nicht zum Jubiläum gratulieren“); „Frankfurter Rundschau“
(„Über die NPD sollen die Wähler, nicht Richter entscheiden“; „Das
V-Mann-Unwesen muss unterbunden werden“); „Gegenwind“ (Dokumentation
seiner Laudatio zur BigBrotherAward-Verleihung an BMI Otto Schily, 2005); „Weser-Kurier“
(Interview “Geheimdienste sind Fremdkörper in einer Demokratie“). Viele seiner
zahlreichen Beiträge etwa in der Ost-West-Wochenzeitung „Freitag“ oder
in diversen Buchpublikationen wurden angeblich nicht erfasst.
35 Jahre vom Verfassungsschutz
überwacht
Menschenrechtler Rolf
Gössner verklagt Geheimdienst / Auskunft über Daten verlangt
Rolf Gössner klagt vor dem
Verwaltungsgericht Köln: Der Präsident der Internationalen Liga für
Menschenrechte will sich dagegen wehren, dass er seit über 35 Jahren vom
Verfassungsschutz überwacht wurde oder noch wird.
Bremen: Bereits 1996 war bekannt
geworden, dass der Geheimdienst die Aktivitäten des parteilosen Publizisten und
Rechtsanwalts Gössner registrierte. Der Bremer hatte sich damals mit einem "Auskunftsersuchen"
an das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gewandt und so erfahren, dass über
ihn Daten wegen seiner Kontakte zu "linksextremistischen bzw.
linksextremistisch beeinflussten" Organisationen und Medien gespeichert
würden. Eine auch der FR vorliegende BfV-Liste mit erfassten
Gössner-Pressebeiträgen reichte bis 1970 zurück.
Inzwischen hat der
58-Jährige nach eigenen Angaben neuerliche Verfassungsschutz-Auskünfte
eingeholt. Daraus gehe hervor, dass er - trotz der damaligen Proteste von Autorenverbänden
und Menschenrechtsgruppen - auch in den Folgejahren weiter überwacht worden
sei, also auch unter Rot-Grün.
Es gehe dabei vor
allem um Artikel und Interviews - etwa im Neuen Deutschland oder in der Frankfurter
Rundschau - und um Auftritte bei der Vereinigung der Verfolgten des
Naziregimes (VVN) oder der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Letztlich werde ihm
"eine Art ,Kontaktschuld' zur Last gelegt, nicht etwa eigene
verfassungswidrige Bestrebungen", meint Gössner.
Mit der eingereichten
Klage verlangt Gössner zunächst eine vollständige Auskunft über alle
gespeicherten Daten zu seiner Person. Später will er dann auf Rechtswidrigkeit
der Erfassung klagen und eine Löschung der Daten erstreiten.
Gössner gilt als
kritischer Geheimdienstexperte und ist Mitherausgeber des alljährlichen
"Grundrechte-Reports" (Fischer-Verlag). Er trat bereits als Gutachter
in Bundestags- und Landtagsausschüssen auf und sogar bei Veranstaltungen von
Polizei und Verfassungsschutz.
Seit 2003 leitet
Gössner die Internationale Liga für Menschenrechte. Deren Vorstand protestierte
am Dienstag gegen die "bürgerrechtswidrige Überwachung" und forderte
ihr sofortiges Ende.
Dass Gössner erst jetzt klagt, begründete er auf Nachfrage der FR mit den Worten: "Ich habe zuerst den ganzen außergerichtlichen Weg ausprobiert." Eine BfV-Sprecherin lehnte am Dienstag eine Stellungnahme ab.
Eckhard Stengel Frankfurter
Rundschau 22.02.2006
22.2.2006
BREMEN·KÖLN (RK). Der Bremer Rechtsanwalt Rolf
Gössner hat beim Verwaltungsgericht Köln Klage gegen die Bundesrepublik
eingereicht. Er protestiert damit gegen die geheimdienstliche Beobachtung des
Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV). Der Präsident der "Internationalen
Liga für Menschenrechte" werde, so die Liga in einer Mitteilung, weiterhin
vom BfV beobachtet. Dies geht aus einem Dossier hervor, das Gössner einsehen
durfte. Grund für die Überwachung ist laut Bundesamt, dass Gössner Kontakte zu
Gruppen und Personen hat, die als "linksextremistisch" gelten. Dazu
zählten die "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes" und die
Rechtshilfegruppe "Rote Hilfe". Die Liga sagte dazu, Gössner würden
Kontakte im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeiten zur Last gelegt, nicht aber
eigene verfassungswidrige Bestrebungen.
BERLIN taz Der Bremer Rechtsanwalt und Präsident der Internationalen
Liga für Menschenrechte, Rolf Gössner, hat Klage gegen das Bundesamt für
Verfassungsschutz (BfV) erhoben.
Seit 35
Jahren hat der Verfassungsschutz Gössner schon im Visier. Seit gut zehn Jahren
versucht der Anwalt zu erfahren, was sich in dieser Zeit eigentlich in den
Akten über ihn angesammelt hat. Außer einer unvollständigen Auflistung seiner
eigenen Publikationen und Vorträge bis zurück ins Jahr 1970 ist dabei nicht
viel herausgekommen.
Nun will
es Gössner, Autor mehrerer Polizei- und Geheimdienst-kritischer Bücher sowie
Mitherausgeber verschiedener Bürgerrechtspublikationen, über eine
Auskunftsklage beim Verwaltungsgericht Köln genau wissen. Eine gefährliche,
extremistische Gesinnung unterstellen ihm die Kölner Bundesverfassungsschützer
nicht. Doch auch "Einzelpersonen können bereits dann vom
Beobachtungsauftrag des BfV erfasst werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte
dafür vorliegen, dass sie extremistische Bestrebungen von
Personenzusammenschlüssen nachdrücklich unterstützen.
"Dies
ist vorliegend der Fall", heißt es in einem BfV-Schreiben vom Sommer 2005.
Gemeint sind damit Gruppierungen wie die "Vereinigung der Verfolgten des
Naziregimes", die dem Umfeld der erloschenen DKP zugeordnet wird, die
Rechtshilfegruppe "Rote Hilfe", die sich im Knast engagiert, die
PDS-nahe "Rosa-Luxemburg-Stiftung" oder die linke türkische Zeitung Özgür
Genclik. Gegen diese "Kontaktschuld" wehrt sich Gössner, auch
wenn auf ihn "keine eigene Quelle" angesetzt sei.
Mit
Gössner hat das BfV nicht nur einen aktiven Bürgerrechtler "unter Wind
genommen", wie es im Fachjargon heißt. Von 1990 bis 2001 war der Jurist
auch rechtspolitischer Berater der grünen Landtagsfraktion in Niedersachsen,
die damals mit der SPD die Landesregierung stellte. Gössner hatte dort das
Verfassungsschutzgesetz gründlich reformiert und entscheidend mitformuliert.
Vieles von dem, was damals liberalisiert wurde, ist freilich inzwischen wieder
Schnee von gestern.
Auch bei
Gesetzesvorhaben von Bundesregierung und Bundesrat ist Gössner bei Anhörungen
der Rechts- und Innenausschüsse als Gutachter aufgetreten. Selbst in der
Polizei-Führungsakademie, wo der Führungsnachwuchs der deutschen Polizei
ausgebildet wird, hat er als Referent gedient - ebenso beim hessischen
Landesamt für Verfassungsschutz. Sollten die Kollegen nicht gewusst haben, wen
sie sich da einladen? Eine kurze Nachfrage bei Nadis, dem
Nachrichtendienstlichen Informationssystem in Köln, hätte gereicht, denn auch
dort ist Gössner umfänglich gespeichert.
Neben
der Liga für Menschenrechte haben auch die Neue Richtervereinigung, ein
bundesweiter Zusammenschluss von RichterInnen und StaatsanwältInnen, öffentlich
gegen die anhaltende Überwachung von Gössner protestiert. Beide Organisationen
verbindet nicht nur die Herausgeberschaft des jährlich erscheinenden "Grundrechte-Reports
zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland". Auch
Journalistengewerkschaften und namhafte Schriftsteller des deutschen
PEN-Zentrums - darunter Günter Grass, Dorothee Sölle und Gerhard Zwerenz - forderten
bereits Aufklärung.
Beim BfV
will man sich weder dazu noch zu möglichen anderen Auskunftsklagen äußern.
"Kein Kommentar", heißt es lapidar. Gössners Prozessaussichten stehen
indes nicht schlecht. Mit dem Freiburger Rechtsanwalt Udo Kauß hat er einen
kompetenten Mitstreiter gewonnen. Mehrere Auskunftsklagen gegen Polizei und
Verfassungsschutz hat Kauß bereits zu einem erfolgreichen Ende gebracht.
OTTO DIEDERICHS taz Nr. 7927 vom 21.3.2006, Seite
7
NRV gegen
geheimdienstliche Überwachung des „Grundrechte-Report“-Mitherausgebers Dr. Rolf
Gössner
Die Bundesmitgliederversammlung der Neuen Richtervereinigung
(NRV)
protestiert gegen die fortwährende geheimdienstliche Überwachung des
Präsidenten der Internationalen Liga für Menschenrechte, Rechtsanwalt
Dr. Rolf Gössner.
Beide Organisationen
verbindet u. a. die Herausgeberschaft des jährlich erscheinenden
„Grundrechte-Reports - Zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland“.
Die NRV kritisiert,
dass mit der Internationalen Liga für Menschenrechte eine international
anerkannte Menschenrechtsvereinigung in das Visier des Verfassungsschutzes
geraten ist. Folgte man der Begründung des Bundesamtes für Verfassungsschutz, eröffnete dies eine
uferlose Überwachungspraxis: Schließlich wird die Überwachung mit dem bloßen
Kontakt zu Organisationen wie der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
(VVN)“ oder der „Roten Hilfe e. V.“ begründet, obwohl dieser Kontakt gerade auf
den beruflichen und ehrenamtlichen Tätigkeiten des Rechtsanwalts, Publizisten
und Präsidenten einer Nichtregierungsorganisation beruht.
Wilfried Hamm,
Sprecher der NRV: „Die NRV fordert mit Nachdruck die Respektierung des Schutzes
des Berufsgeheimnisses und eine ausforschungsfreie Sphäre der
Menschenrechtsarbeit von Nichtregierungsorganisationen.“
>MUSLIM-TEST< Baden-Württemberg
Nun sag, wie hast
du's mit der Religion? Ein Kommentar von Heribert Prantl, 22.01.2006:
Das Elend deutscher Ausländerpolitik liegt darin, dass
sie mehr für die Deutschen als für die Ausländer gemacht wird. Und es ist auch
ein Kreuz mit der Einbürgerungspolitik, weil sie nicht für die künftigen
Neubürger, sondern vor allem für die deutschen Wählerinnen und Wähler gemacht
wird. Migrationspolitik hierzulande ist gern Wahlkampfpolitik - wie derzeit in
Baden-Württemberg. (…) Der Fragebogen ist institutionalisiertes Misstrauen, er
ist ein Ausdruck von Heuchelei - also ein Nährboden für Rassismus. Der
Integration dient der Gesprächsleitfaden nicht. Er ist vermutlich
verfassungswidrig. Vor allem aber ist er unsinnig."
Dr. Rolf Gössner in
seiner Rechtspolitisch-gutachterliche Stellungnahme vom 12.01.2006
"Ausgerechnet
für die Prüfung der Verfassungstreue wird ein Fragebogen eingesetzt und eine
Prozedur gewählt, die dem Geist, den Prinzipien und den Grundrechten der
Verfassung widersprechen. Dieser Gesinnungstest trägt obrigkeitsstaatliche und
tendenziell totalitäre Züge. Es stellt sich deshalb eher die Frage nach der
inneren Einstellung des baden-württembergischen Innenministers und der
Einbürgerungsbehörden zum Grundgesetz und zu den Werten der freiheitlich
demokratischen Grundordnung. Den Test ihrer Gesinnung dürften sie jedenfalls
nicht bestehen."
Gesamtes Gutachten unter:
www.rolf-goessner.de/Muslim-TestNF2-06.htm
15.3.2006
Bremer Rechtsanwalt Gössner kritisiert Fragen zur
Einbürgerung in Baden-Württemberg
BREMEN. Hessen legte gestern einen
Wissens- und Wertetest vor, den einbürgerungswillige Ausländer bestehen müssen
- ansonsten wird der deutsche Pass verwehrt. In Baden-Württemberg wird ein
entsprechender Gesprächsleitfaden von den Einbürgerungsbehörden längst
angewandt, um Ausländer mental zu durchleuchten. Der Bremer Rechtsanwalt Rolf
Gössner, Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte, hat den Text
analysiert. Das Gutachten hat unter anderem der Zentralrat der Muslime in
Deutschland in Auftrag gegeben.
Nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz ist das Bekenntnis zur
freiheitlich demokratischen Grundordnung Voraussetzung für die Einbürgerung.
Eine Einzelfallprüfung hinsichtlich der Loyalität muss dann erfolgen, wenn
"tatsächliche Anhaltspunkte" für eine verfassungsfeindliche
Betätigung vorliegen. Gössner nennt zudem eine weitere Bedingung für die
Einbürgerung: Das Bundesinnenministerium hat festgelegt, dass der Bewerber
"Kenntnis der staatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland
besitzen" soll. Der baden-württembergische Gesprächsleitfaden geht nach
Ansicht von Gössner dagegen sehr viel weiter und verstößt dabei in mehrfacher
Hinsicht gegen die Verfassung: Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes: Der
Fragebogen wurde gezielt für muslimische Bewerber konzipiert und stellt somit
eine Ungleichbehandlung aufgrund des Glaubens dar. Auch gegen die
EU-Anti-Diskriminierungsrichtlinie wird verstoßen. Verletzung der Privat- und
Intimsphäre: Mit Fragen wie nach homosexuellen Söhnen mischt sich der Staat in
die Lebensführung seiner Bürger ein, die ihn prinzipiell nichts angeht. Verletzung
der Informationellen Selbstbestimmung: Antworten mit allen Intimdaten werden
auf unbestimmte Zeit auf Dateien festgehalten.
Gössners Fazit: "Ausgerechnet für die Prüfung der
Verfassungstreue wird ein Fragebogen eingesetzt und eine Prozedur gewählt, die
dem Geist, den Prinzipien und den Grundrechten der Verfassung
widersprechen." Der Rechtsanwalt weist darauf hin, dass nach dem
Staatsangehörigkeitsgesetz die Verfassungskonformität eines Einbürgerungsbewerbers
- und das nur bei begründeten Zweifeln - geprüft werden soll. Nicht aber
mögliches politisch inkorrektes, unemanzipiertes oder aber kriminelles
Verhalten. Diesbezügliche Fragen würden über das deklarierte Ziel hinaus
schießen und seien unzulässig.
Für Gössner ist der baden-württembergische
Gesprächsleitfaden grundgesetzwidrig - und integrationsfeindlich. "Wer
Muslimen pauschal institutionalisiertes Misstrauen entgegenbringt, sie durch
vorurteilsbeladene Verallgemeinerungen diskriminiert und stigmatisiert, macht
sich der Feindbildproduktion schuldig, schürt die ohnehin wachsende
Islamophobie, wirkt ausgrenzend und zerstört jeden Ansatz von Integration." Bremer Tageszeitungen AG
*************
taz nord-bremen 28.01.06
"Inquisitorische"
Gewissensfragen
BREMEN epd # Der Bremer Rechtsanwalt Rolf Gössner hält den „Gesprächsleitfaden“, den das Land Baden-Württemberg gegenüber einbürgerungswilligen Muslimen verwendet, für grundgesetzwidrig. In einer rechtspolitischen Stellungnahme, die er am Mittwoch in Bremen veröffentlichte, wirft er dem Land vor, Muslime auszugrenzen, indem sie als einzige Ausländergruppe einen besonderen Fragenkatalog beantworten müssten. Hessen Innenminister Volker Bouffier (CDU) plant eine ähnliche Regelung in seinem Bundesland. Auftraggeber des Gutachtens waren der Zentralrat der Muslime in Deutschland, der Islamrat sowie die Islamische Glaubensgemeinschaft Baden-Württemberg. Gössner ist Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte. Der Gutachter sieht in dem Leitfaden „inquisitorische“ Gewissensfragen. Viele seien unpräzise, unverständlich und hätten zudem keine verfassungsrechtliche Bedeutung. SAT 1, N24.de, Netzeitung, 25.1.06
Kooperationen
& Aufrufe
Kein Wahlkampf auf
dem Rücken von Migrantinnen und Migranten!
Der zu Jahresbeginn in Baden-Württemberg eingeführte
„Gesinnungstest“ für Einbürgerungsbewerberinnen und -bewerber muslimischen
Glaubens führte zu einer breiten öffentlichen Diskussion. Es ist zu befürchten,
dass die Debatte eine weitere Ausgrenzung von Menschen muslimischen Glaubens
zur Folge haben wird.
Der Fragebogen und die damit verbundene
Diskriminierung und Stigmatisierung gibt besonders im Hinblick auf die
bevorstehenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz,
Sachsen-Anhalt, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern und der Kommunalwahlen in
Hessen und Niedersachsen Anlass zur Sorge.
Wenn Parteien und Politiker bei Wählerinnen und
Wählern weit verbreitete Vorurteile und ablehnende Haltungen bewusst bedienen,
um Wahlerfolge zu erzielen, fügen sie der Demokratie und dem friedlichen
Zusammenleben in der Bundesrepublik schweren Schaden zu.
Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieses
Aufrufs fordern Politiker und Parteien deshalb dazu auf, die bevorstehenden
Kommunal- und Landtagswahlkämpfe nicht auf dem Rücken von Migrantinnen und
Migranten auszutragen.
Wir, die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieses
Aufrufs, fordern ferner die Rücknahme des Fragebogens in Baden-Württemberg, der
vorherrschende Ressentiments gegen Menschen muslimischen Glaubens bedient.
Unterzeichnerinnen und
Unterzeichner:
Sevim Dagdelen,
MdB, Humanistische Union, Internationale Liga für Menschenrechte (Berlin),
terre des femmes, Frank Bsirske (ver.di-Vorsitzender), Dr. Rolf Gössner (RA/
Publizist, Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte), Ulrich Thöne
(GEW-Vorsitzender), Christian Kühbauch
(DGB-Bundesjugendsekretär). Hannes Honecker (Geschäftsführer des
Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins), Sidar Demirdögen
(Vorsitzende des Bundesverbands der Migrantinnen), Dr. Peter Strutynski
(Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag), Feridun Zaimoglu
(Schriftsteller), Peter Sodann (Schauspieler), Rolf Becker (Schauspieler und
Regisseur), Frederico Elwing (Bundessprecher von [’solid] – die sozialistische
Jugend), Roger Willemsen (Schriftsteller), Bahman Nirumand (Autor), Prof. Christoph Butterwegge (Uni Köln),
Flüchtlingsräte, Gewerkschafter/innen etc.
www.appell-gegen-gesinnungstest.de
Hier geblieben!
Es gibt keinen Weg zurück!
Eine Bleiberechtsregelung für die langjährig nur
„geduldeten“ MigrantInnen und Flüchtlinge ist Teil einer ernst gemeinten
Integrationspolitik. Die Potenziale dieser Menschen sollten endlich genutzt
werden – im Interesse der Gesellschaft und der betroffenen Menschen.
Die ca. 200.000 MigrantInnen und Flüchtlinge, die
bislang bundesweit eine Duldung besaßen, sind derzeit weitgehend rechtlos und
leben vielfach unter erniedrigenden Bedingungen. Daran hat sich auch nach einem
Jahr Zuwanderungsgesetz kaum etwas geändert. Prinzipiell von Abschiebung
bedroht, verbringen viele Flüchtlinge hier dennoch eine lange Zeit, manchmal
sogar den Großteil ihres Lebens. In Berlin betrifft dies etwa 10.000
Flüchtlinge, darunter Kinder und Jugendliche, die hier geboren wurden und die
Schule besuchen.
Die Härtefallkommissionen können nur in wenigen
Einzelfällen humanitäre Lösungen treffen.
Am 19. Januar 2006 berät der Deutsche Bundestag in
erster Lesung einen Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum
Bleiberecht. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung! Um diesen zu
unterstützen und Nachdruck zu verleihen rufen wir alle Kinder-, Jugend- und
Flüchtlingsorganisationen auf, an diesem Tag für eine großzügige
Bleiberechtsregelung und die UN-Kinderrechte zu demonstrieren.
Der kürzlich bekannt gewordene Vorschlag des
Bundesinnenministeriums zur Änderung des Zuwanderungsgesetzes enthält demgegenüber
bisher keine Übergangs- oder Bleiberechtsregelung für langjährig geduldete oder
asylsuchende Flüchtlinge. Dies, obwohl im Koalitionsvertrag angekündigt war,
das Zuwanderungsgesetz im Hinblick auf humanitäre Lösungen für Menschen mit einer
Kettenduldung zu "evaluieren", und obwohl auch die
Innenministerkonferenz den Gesetzgeber kürzlich aufgefordert hat, hier tätig zu
werden.
Vor den beiden Parteizentralen von SPD
und CDU soll öffentlich gemacht werden, dass der Anspruch des Zuwanderungsgesetzes
die Kettenduldungen abzuschaffen, ohne eine Bleiberechtsregelung nicht erfüllt
werden kann. Nur eine Minderheit der bisher geduldeten Flüchtlinge konnte die
ausländerrechtlichen Hürden auf dem Weg zu einer Aufenthaltserlaubnis überspringen.
Im Hinblick auf die Dauer des Aufenthalts müssen
die betroffenen Flüchtlingen endlich ein Bleiberecht erhalten, das ihren Aufenthalt
langfristig absichert und eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft
ermöglicht. Wer Integration als notwendigen Bestandteil von
Zuwanderungspolitik ansieht, muss zuallererst diejenigen, die bereits hier
leben und Mitglieder dieser Gesellschaft sind, aus ihrem rechtlosen Status
befreien und ihnen die Chance zu einem menschenwürdigen und gleichberechtigten
Dasein eröffnen.
Wir fordern im Rahmen der Kampagne „Hier
geblieben!“ insbesondere ein Bleiberecht für Kinder, Jugendliche und deren Familien
sowie die vollständige Anerkennung der UNO-Kinderrechte.
Wir
fordern den Bundesrat und den Bundestag auf, sich auf ein großzügiges
Bleiberecht zu verständigen und die UNO-Kinderrechte vorbehaltlos umzusetzen. www.hier.geblieben.net
UnterstützerInnen: Hier Geblieben! –
Aktionsprogramm; Flüchtlingsrat Berlin; GRIPS Theater Berlin; BBZ - Beratungs-
und Betreuungszentrum für Junge Flüchtlinge und Migranten; PRO ASYL;
Internationale Liga für Menschenrechte; JOG (Jugendliche ohne Grenzen);
Alafia e.V.; Al - Nadi / Treffpunkt und Beratungsstelle für arabische Frauen;
Antidiskriminierungsbüro (ADB) Berlin; ARA-BERLIN JUGENDRADIO; Asyl in der
Kirche/Berlin; Bündnis kritischer Pädagogen; Diakonisches Werk
Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. (DWBO); Diakonisches Werk
Neukölln/Oberspree; Frauenrechtsbüro e.V., Gesellschaft für berufsvorbereitende
Maßnahmen / GFBM; Humanistische Union e.V., Landesverband Berlin;
Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit / Berliner Gruppe; pax
christi (Bistum Berlin); Landesverband Deutscher Sinti und Roma
Berlin-Brandenburg e.V., NIKE Polnische Frauen in Wirtschaft und Kultur e.V.;
Palästinensische Gemeinde Berlin-Brandenburg e.V.; Rechtsanwaltskanzlei
Reimann, Ostrop, & Jentsch; Remix-Club Berlin e.V.; Schule ohne Rassismus -
Aktion Courage; Verein Iranischer Flüchtlinge e.V.; Wege ins Leben e.V. -
Internationales Jugendwohnen in Berlin
Rechtshilfefonds für
Abschiebungshäftlinge in Berlin und Brandenburg
Was bewirkt er? Wem
nutzt er? Auswertung der ersten sechs Monate
Zehn Organisationen und
kirchliche Stellen haben im Juni 2005 einen Rechtshilfefonds für Abschiebungshäftlinge
in Berlin und Brandenburg ins Leben gerufen: Asyl in der Kirche e. V. Berlin,
Flüchtlingsräte Berlin und Brandenburg, Internationale Liga für Menschenrechte,
Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein e. V., Initiative gegen
Abschiebehaft, Pax Christi, Erzbistum Berlin, Diözesanrat der Katholiken im
Erzbistum Berlin, der Jesuiten-Flüchtlingsdienst Deutschland.
Aus diesem Fonds werden
Abschiebungshäftlinge unterstützt, in deren Fall ungerechte Entscheidungen und
besondere Härten sichtbar werden. Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst verwaltet den
Fonds und kann zumindest einem Teil der Abschiebehäftlinge, die nach bestimmten
Kriterien ausgewählt werden, Anwaltshonorare finanzieren. Eine Finanzierung von
Anwaltskosten kommt in Frage bei Häftlingen ab einer Haftdauer von drei
Monaten, bei Jugendlichen und in rechtlich schwierigen Fällen, wenn keine Eigenmittel
der Betroffenen vorhanden sind und Aussicht auf Erfolg der beabsichtigten
Rechtsmittel besteht.
Situation in der
Abschiebungshaft: Von
Abschiebungshaft betroffen waren in Berlin im Jahr 2005 rund 2000 Personen, wobei
die Zahl in den letzten Jahren zurückging, während die Verweildauer der
Inhaftierten anstieg. In Eisenhüttenstadt werden jährlich um die 500 Personen
in Abschiebungshaft genommen. Etwa vierzig Prozent aller Inhaftierten in Berlin
und knapp 20 Prozent in Eisenhüttenstadt kommen wieder auf freien Fuß – viele
von ihnen jedoch erst nach monatelangen Haftzeiten. Diese Entwicklung ist vor
allem dadurch zu erklären, dass Staatsangehörige aus Ländern inhaftiert werden,
bei denen eine Abschiebung aufgrund der langen Bearbeitungszeiten seitens der
Heimatbotschaften von vornherein nahezu aussichtslos erscheint.
Ziele: Der Rechtshilfefonds für
Abschiebungshäftlinge in Berlin und Brandenburg ist wegen der verzweifelten
Situation, in der sich die Menschen befinden und der Tatsache, dass aufgrund
der Fristen schnell gehandelt werden muss, unbedingt notwendig. Er dient dazu,
den Inhaftierten den im Grundgesetz verankerten Rechtsweg zu garantieren und
somit die Verhängung von Abschiebungshaft zu überprüfen oder andere asyl-oder
ausländerrechtliche Schritte einzuleiten. Außerdem geht es darum, behördlicher
Willkür entgegenzuwirken. Neben der konkreten Hilfe im Einzelfall sowie der
Förderung von Musterentscheidungen soll der Fonds auch dazu beitragen, dass das
Problem der fehlenden Rechtshilfe für Abschiebungshäftlinge in Politik und
Gesellschaft besser wahrgenommen wird. Ziel ist ebenso die Sensibilisierung der
beteiligten Behörden und Gerichte. Langfristig streben die den Rechtshilfefonds
tragenden Organisationen eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen dahingehend
an, dass Abschiebungshaft eine Dauer von drei Monaten nicht überschreiten darf.
Dabei bleiben die grundsätzlichen Positionen der Organisationen zum Institut
der Abschiebungshaft selbst unberührt. Mittelfristig fordern wir, dass den
Betroffenen ab drei Monaten Haftzeit ein Pflichtanwalt zur Seite gestellt wird.
Dies würde ebenfalls eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen voraussetzen.
Alternativ drängen wir auf die Einrichtung eines länderfinanzierten
Rechtshilfefonds.
Bilanz für das
vergangene Halbjahr: Seit
der Initiierung im Juni wurden bis Ende Dezember 2005 EUR 4621,-an Spenden in
den Rechtshilfefonds einbezahlt. Mit Mitteln aus dem Fonds konnten in diesem
Zeitraum (Juli bis Dezember 2005) in 30 Fällen Anwaltshonorare finanziert
werden. Dabei wurden 10 Rechtsanwaltskanzleien mit der Vertretung beauftragt.
Nur in wenigen Fällen konnte ein Teil der Kosten durch erstrittene
Prozesskostenhilfe wieder hereingeholt werden.
30
Personen wurde Rechtshilfe geleistet:
.
• 11 Personen wurden entlassen
.
• 10 Personen befinden sich noch in Haft
.
• 8 Personen wurden
abgeschoben
.
• 1 Person streitet
für seine Duldung
Gründe für Entlassungen Anzahl der Personen:
.
• Kein Verlängerungsantrag durch die Ausländerbehörden nach
3, 6 oder 12 Monaten
.
• 4-Wochenfrist des § 14 AsylVG 3
.
• Art. 6 GG (Schutz von Ehe und Familie)
.
• Aufhebung des Haftbeschlusses durch das Land-oder
Kammergericht
Veranlassung der
Entlassung vor Haftende durch die Ausländerbehörde. Eine relativ hohe Anzahl
von Personen wurde entlassen, weil die zuständigen Ausländerbehörden keinen
Verlängerungsantrag mehr gestellt haben. Wenn auch nicht im Einzelnen nachweisbar,
so ist dies in etlichen Fällen ein Ergebnis des anwaltlichen Engagements, da
bei einer weiteren Verlängerung mit sofortigen Haftbeschwerden gerechnet worden
wäre, die zu einer erneuten Überprüfung durch die Gerichte und zur Aufhebung
der Haftentscheidungen geführt hätten.
Musterentscheidungen: Mit dem Rechtshilfefonds
streben wir auch Musterentscheidungen an, wie sie der JRS bereits im Juni 2004
beim Landgericht Berlin nach 11 Wochen erreicht hatte. Eine Anwältin hatte das
Mandat für zwei direkt nach ihre Einreise inhaftierte Pakistani übernommen und
erwirkte schließlich, dass die Inhaftierung von passlosen pakistanischen Staatsangehörigen
aus Verhältnismäßigkeitsgründen zukünftig untersagt ist. „Die überragende
Bedeutung der verfassungsrechtlich garantierten persönlichen Freiheit zwingt zu
dieser Ermessensentscheidung“, heißt es am Ende des Beschlusses. Erfreulich ist
außerdem die Anordnung, dass die außergerichtlichen Kosten (also die
Anwaltskosten) dieses Verfahrens nachträglich von der Ausländerbehörde zu übernehmen
sind. Eine ähnliche Entscheidung auf Berliner Ebene hatten die Anwältin und der
JRS bereits im September 2003 für passlose indische Staatsangehörige
erstritten. Dasselbe versuchen wir derzeit für Chinesen zu erreichen. Seit
Jahren ist eine Passbeschaffung für China innerhalb der Haftzeiten
aussichtslos. Deshalb wollen wir hier eine ähnliche Musterentscheidung erzielen.
Drei
Fallbeispiele (Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf die summarische
Auswertung des Rechtshilfefonds, vgl. die angehängte Tabelle):
• Minderjähriger in
Abschiebehaft (4)
Zwei Monate musste ein
jugendlicher Chinese in Abschiebungshaft sitzen. Und das obwohl zuvor das
Kammergericht in einem Musterfall entschieden hatte, dass die Inhaftierung von
Jugendliche nur als allerletzte Maßnahme angewendet werden darf. Er war mit
Hilfe eines Schleppers nach Deutschland eingereist und wurde kurz nach seiner
Ankunft zusammen mit anderen Chinesen in einer Wohnung festgenommen. Seine
eigene Altersangabe glaubte ihm die Ausländerbehörde nicht. Einen Dolmetscher
lehnte das Gericht ab. Sein jugendliches Alter wurde bei einer medizinischen
Altersfeststellung bestätigt. Der Chinese musste entlassen werden.
• Lange Haftzeiten,
weil Dolmetscher fehlen (8)
Neun Monate musste ein
Russe in Abschiebehaft absitzen, bevor die Ausländerbehörde den Haftantrag
zurückzog. In Befragungen seitens des Ausländerbehörde war kein Dolmetscher
eingesetzt worden, sodass der Mann unvollständige Angaben machte, weil er gar
nicht verstand, was man von ihm wollte.
• Abschiebung eines
Libanesen nach Afrika (25)
Ein Libanese sitzt
derzeit in Abschiebungshaft und soll nach Niger abgeschoben werden. Die
Bundespolizei hält einen bei ihm gefundenen gut gefälschten nigrischen Pass für
echt. Die libanesische Botschaft hat zwar inzwischen bestätigt, dass der Betroffene
wahrscheinlich Libanese ist – nicht zuletzt weil ihr echte Personaldokumente
vorliegen, Reisepapiere wurden bisher jedoch noch keine ausgestellt, was
vermutlich an der langwierigen Überprüfung im Heimatland liegt. Eine erste
Abschiebung nach Niger konnte bislang nur durch einen Asylantrag verhindert
werden. Die Ausländerbehörde hat angekündigt, dass bei Ablehnung des Antrages –
sofern dann noch keine Reisepapiere aus dem Libanon vorliegen – die Abschiebung
nach Niger erfolgen wird.
Schlussbemerkung: Mit der Bilanz des
Rechtshilfefonds in den ersten sechs Monaten seit der Unterzeichnung des
Aufrufes durch die beteiligten Organisationen sind wir sehr zufrieden. Aber
natürlich kann dies nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein. Unser Ziel ist
eine Unterstützung von wenigstens 10 Prozent der Inhaftierten in Berlin und
Brandenburg – das wären etwa 250 Personen jährlich. Um dieses Ziel zu
erreichen, benötigt der Rechtshilfefonds weitere Spenden in größerem Umfang.
Dazu brauchen wir die Hilfe von weiteren gemeinnützigen Organisationen, aber
auch von öffentlichen und privaten Stiftungen sowie Unternehmen und
Privatspendern. Deshalb bitten wir Sie hiermit um Ihre Unterstützung für den
Rechtshilfefonds für Abschiebungshäftlinge in Berlin und Brandenburg:
Spendenkonto 6000401020 Jesuiten-Flüchtlingsdienst
Pax Bank, BLZ 37060193 Stichwort „Rechtshilfefonds“ Berlin, 10.01.2006
Jesuiten-Flüchtlingsdienst Deutschland.
Nachrufe
Zum Tod von Carola Stern
1988 gab der Antifaschistische Ausschuss
der Liga aus Anlass der 50. Wiederkehr des Todestages Carl von Ossietzkys einen
Sammelband „... gegen den Strom.../in memoriam Carl von Ossietzky" heraus
mit Beiträgen, die wir von allen noch lebenden Medaillenempfängern und
–empfängerinnen erbeten hatten. Carola Stern beendete ihren Text so: "Wir
empfinden tiefes Mitgefühl mit dem Geschundenen an der KZ-Wand. Wir möchten ihm
helfen, ihn beschützen, Solidarität beweisen. Ossietzky können wir nicht mehr
helfen. Wenden wir uns, auf ihn blickend, den politischen Gefangenen von heute
zu. Das sagt uns doch dieses Bild (Ossietzky im KZ vor dem SS‑Mann) zu
allererst: Menschen, laßt nicht zu, daß Menschen so erniedrigt werden. Seid
nicht gleichgültig. Wendet euch nicht ab. Bleibt nicht stumm. Helft jenen, die
um ihrer Überzeugung willen verfolgt, gequält, ermordet werden."
Carola
Stern, der Rolf Gössner noch im letzten November im Namen der Internationalen
Liga für Menschenrechte zum 80. Geburtstag gratuliert hatte, starb nun, wie es in der Presse
hieß, nach kurzer schwerer Krankheit. Sie wurde 1972 als Gründerin der
Deutschen Sektion von amnesty international mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille
geehrt. Wir haben wieder eines unserer treuen Mitglieder verloren. Im Sinne
ihrer Worte von 1988 wird die Liga weiter gemeinsam mit anderen Organisationen
gegen Menschenrechtsverletzungen kämpfen.
Eleonore
Kujawa
Annemarie Friedrich
Manche werden sich noch an die
lebhafte Rede erinnern, die Annemarie Friedrich als „Großmutter der FREIen HEIDe“
anlässlich der Verleihung der Carl-von-Ossietzky-Medaille 2003 an die
Bürgerinitiative „FREIe HEIDe“ im Haus der Kulturen der Welt gehalten hat. Ende
2005 ist sie gestorben. Wir wünschen den Aktivistinnen und Aktivisten der
FREIen HEIDde weiterhin einen langen Atem in ihrem Engagement für den Frieden
und für eine ausschließlich zivile und friedliche Nutzung der Kyritz-Ruppiner
Heide – eine Ausdauer, die sie in ihrer jahrelangen Arbeit längst bewiesen
haben und den sie in den aktuellen Auseinandersetzungen dringend werden
gebrauchen können. (R.G.)
Termine–Veranstaltungen
Jeden
letzten Donnerstag im Monat findet jeweils um 19 Uhr im Haus der Demokratie u.
Menschenrechte Berlin, Robert-Havemann-Saal, Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin,
eine
„Republikanische
Vesper“
statt
– mit Käse/Brot -Wein/Wasser.
Veranstalter:
„Ossietzky“
, Internationale Liga für Menschenrechte, Humanistische Union
Am
30. März 2005, 19 Uhr
Abhören, orten, fahnden – die weiteren Funktionen des
Handys, mit Frank
Rieger vom Chaos Computer Club, RA Martin Lemke.
Am
27. April 2006, 19 Uhr
„Sozialabbau und Arbeitslosigkeit“.
Republikanische
Vespern...
Die Republikanische Vesper ist eine von der Redaktion von Ossietzky, der Humanistischen Union, dem Republikanischen Anwaltsverein und der Liga getragene Veranstaltungsreihe, die jeweils am letzten Donnerstag des Monats um 19 Uhr im Haus der Demokratie stattfindet. Sie verdient weit größere Aufmerksamkeit.
Im Januar 2006 beschäftigte sie sich
etwa mit Thema: „Wie weit sind deutsche Dienst an Kriegsverbrechen und Folter
beteiligt?“ U.a. mit dem Anwalt des von der CIA entführten und in Afghanistan
gefolterten deutschen Staatsangehörigen Khaled El Masri.
...und andere Veranstaltungen mit der Liga
Im Februar 2006 haben wir zusammen mit dem Komitee
für Grundrechte und Demokratie und kurdischen Gruppen eine Veranstaltung zu
folgenden Thema organisiert:
„Die Politik des
rechtsfreien Raumes als neue Unterdrückungsform“
Im Zuge des weltweiten
„Antiterrorkampfes“ entstehen mehr und mehr Inseln des Unrechts – Rechtsfreie
Räume staatlicher Willkür wie etwa in US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba
oder auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali im Marmarameer. In diesem abgeschotteten
Arealen entwickeln sich neue Formen von politischer Unterdrückung; hier
verletzen einzelne Staaten das internationale Recht auf systematische Weise,
hier werden Menschen rechtlos gestellt und isoliert, hier sind sie der Willkür
ihrer Peiniger ausgeliefert, hier werden sie gedemütigt, misshandelt und
gefoltert – menschenrechtswidrige Begleiterscheinungen bei der Verfolgung von
globalen wirtschaftlichen, militärischen und politischen Interessen der
handelnden Staaten.
Die
universale Gültigkeit der allgemein anerkannten Menschenrechte steht auf dem
Spiel – das zeigt sich auch deutlich im Umgang mit Folteraussagen und in der
Debatte um Zulässigkeit und Outsourcing von Folter.
Mit
unserer Informationsveranstaltung wollen wir Aufklärungsarbeit leisten über
Hintergründe, Ziele und konkrete Umsetzung der „Politik des Rechtsfreien Raums“
als wesentlichem Bestandteil des staatlichen „Antiterrorkampfes“. Wir wollen
Antworten auf die Fragen finden: Auf welche Weise und mit welchem Ziel wird
internationales Recht auf Guantanamo von den USA außer Kraft gesetzt? Wie und
warum wird die Europäische Menschenrechtskonvention auf der Gefängnisinsel
Imrali vom EU-Kandidatenstaat Türkei systematisch verletzt? Wie steht es um den
Rechtsschutz für die Betroffenen, um rechtliches Gehör und das Recht auf
Verteidigung? Vor allem aber: Wie kann diesem extralegalen „Ausnahmezustand“
begegnet werden und wie lässt sich universales Menschen- und Völkerrecht vor
politisch motiviertem, systematischem Missbrauch wirkungsvoller schützen?
Referenten waren:
der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Wolf Dieter Narr, der kurdische Anwalt Mahmut
Sakar und für die Liga Rolf Gössner.
Veranstaltungen
mit Rolf Gössner
(Auswahl)
März – Juli 2006
25.03.06,
09:30 - 17 h bei Hannover: Demonstrationsrecht, VVN Niedersachsen
09.05.06,
20 h in Potsdam: Die vergessenen Justiz- opfer des Kalten Kriegs, Veranstalter:
HochVier e.V., Landeszentrale für politische Bildung
30.06.06,
ab 14 h in Düsseldorf: Universität Fußball-WM und innere Sicherheit, AStA Uni
Düsseldorf
Ausstellungen/Gedenkstätten
Gedenkstätte und Museum Sachenhausen
Tägl. geöffnet 8.30–16.30 Uhr, Museum montags geschlossen.
Ausstellung
open air an der Mauer von Station Z „Mord und Massenmord im KZ
Sachsenhausen“
Wenn man 60 Jahre nach Beendigung des Krieges am Tag
der Befreiung erlebt, dass eine erstmalige Geste öffentlichen Gedenkens an
nahestehende Menschenschicksale erinnert, die bisher ignoriert geblieben sind,
dann ist man persönlich sehr berührt. Umso befremdlicher, Daten und Quellen
fehlerhaft und eine bemerkenswert entpolitisiert umgepolte, zum Teil falsche
Darstellung vorzufinden.
Es ist dies, hoffe ich, die einzige Unstimmigkeit in
der unendlichen Kette von Morden und Tötungen, die an der Mauer an Einzelschicksalen
und Massenmorden, wie die an zigtausend sowjetischen Kriegsgefangenen zu sehen
sind. Es ist viel zu lesen, so empfiehlt sich der Vormittag zum Besuch, wenn
die Mauer in vollem Tageslicht steht, und anders als in der „Topographie des Terrors“
gibt es hier keinen Regenschutz.
„Station Z“ ─ neu gestaltet: von weitem wie eine
Kaaba, weiß statt schwarz, ein Riesenwürfel, ein Provisorium aus Plaste und
Elaste über einem Holzgerüst? Nein, in mehreren Sprachen war auch den
internationalen Veteranen, den Gästen am Befreiungstag zu erklären: dies ist kein
Provisorium, dies ist die Gedenkstätte, Ausdruck unserer Zeit,
billig wie ein Bierzelt, Fischmarktgroßhalle, Gott sei Dank kein Beton...
Bei einem verregneten Besuch knatterten die Plasteplanen
wie das Großsegel nach dem Mastbruch, Stromkabel und Fetzen hingen, oben
kletterten Männer und reparierten. Eine mächtige Pfütze stand um den Sockel der
Skulptur, die Verbrennungsöfen ein entfernes Gestänge. Kein Bedrohungsgefühl mehr
wie in der früheren Räumlichkeit mit weitem Blick ins Freie. Am Geländer ordentlich
und deutsch die Bauzeichnung, im Halbdunkel suchen die Augen die Linien der
Genickschussanlage. Draußen wollten sich zwei Alte auf die Steinbank setzten,
aber das war ein Sarkophag. Die Bänke an der Mauer sehen fast genauso aus.
Im Lichthof des Gropius – Baus, Niederkirchnerstr. 7:
Ausstellung
aller Wettbewerbsarbeiten 10.03.-17.04.06 - Mittwoch bis Montag 10 bis 20 Uhr
Nach
dem Desaster des nicht baubaren Zumthor-Entwurfs darf man die Hoffnung hegen,
dass zwischen Betonwüsten Speerschen Ausmaßes und Plaste- &
Elastegroßmarkthalle doch ein zweckorientiertes, freundlich uneitles Gehäuse
gelingen könnte. Der raue Charme und die Wirkung des Provisoriums über den
Küchenkellern ist leider unwiederbringlich.
Eine Ausstellung des Heidelberger Dokumentations- und
Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma
Landesarchiv Berlin, Eichborndamm 115-121 in
Reinickendorf, geöffnet bis 13.April jeweils Dienstag und Donnerstag von 9 bis
18 Uhr, Montag und Freitag von 9 bis 15 Uhr, Eintritt frei.
Etwa 500.000 Sinti und Roma wurden von den Nazis
ermordet. Ihre Ausgrenzung und Entrechtung, Verfolgung und Vernichtung wird in
Dokumenten und Fotos der Täter, in Zeugnissen und Berichten der Opfer, in alten
Familienbildern und persönlichen Berichten von Überlebenden vermittelt. Marianne
Reiff-Hundt
Literaturhinweise
Dokumentationen zur Verleihung der Carl-von-Ossietzky-Medaille
2003
an die BI „Freie Heide“ und Dr. Gerit von Leitner sowie 2004 an Percy MacLean,
Esther Bejarano, Peter Gingold und Martin Löwenberg sind über das Liga-Büro zu
erhalten - mit den Eröffnungsreden, den Laudationes und Dankesreden. Die
Dokumentation der Medaillen-Verleihung 2005 ist in Arbeit.
Zu beziehen über: Liga-Büro.
Bürger-/Menschenrechte/Überwachungsgesellschaft/
Migration/Asyl und EU/Krieg und Frieden
Biermann/Klönne, Kapital-Verbrechen. Kriminalgeschichte
des Kapitalismus, Köln 2005
Klönne/Kreutz/Meyer, Es geht anders! Alternativen zur
Sozialdemontage, akt. Neuauflage 2005
Christiane Schulzki-Haddouti, Im Netz der inneren
Sicherheit. Die neuen Methoden der Überwachung, Hamburg 2004
Tobias Singlnstein/Peer Stolle, Die
Sicherheitsgesellschaft. Soziale Kontrolle im 21. Jahrhundert, Wiesbaden 2006
Thomas Kunz, Der Sicherheitsdiskurs. Die innere
Sicherheitspolitik und ihre Kritik, Bielefeld 2005
Olaf Arndt, Demonen. Zur Mythologie der inneren
Sicherheit, Hamburg 2005
Elmar Theveßen, Terror-Alarm. Deutschland und die
islamistische Bedrohung, Berlin 2005
McCoy, Foltern und foltern lassen. 50 Jahr
Folterforschung und –praxis von CIA und US-Militär, Ffm 2005
Maria Mies, Krieg ohne Grenzen. Die neue Kolonisierung
der Welt, Köln 2005
Michael Byers, Kriegsrecht., Berlin 2005
Arbeitsstelle
Frieden und Abrüstung (Hg.), Am Hindukusch und anderswo. Die Bundeswehr, Köln
2005
James Risen, State of War. Die geheime Geschichte der CIA und der
Bush-Administration, HH 2006
Komitee für Grundrechte und Demokratie, Von der
Pflicht zum Frieden und der Freiheit zum Ungehorsam, Köln 2006
Karl Heinz Roth, Der Zustand der Welt. Gegen-Perspektiven,
Hamburg 2005
Rumpf/Gerhard/Jansen (Hg.), Facetten islamischer
Welten. Geschlechterordnung, Frauen- und Menschenrechte in der Diskussion,
Bielefeld 2003
Georg Classen, Dokumente zur aktuellen Debatte um eine
Bleiberechtsregelung, Flüchtlingsrat Berlin, Februar 2006, www.fluechtlingsrat-berlin.de
Jürgen Gottschlich, Die Türkei auf dem Weg nach Europa. Ein Land im Aufbruch, Berlin 2004
***
Veröffentlichungen/Interviews von Rolf Gössner (Auswahl seit Nov.
2005 – März 2006)
BigBrotherAwards-Laudatio auf Otto
Schily, Bundesinnenminister a.D., in: DATENSCHUTZ-NACHRICHTEN 4/2005, S. 4 ff.
NEUE RHEINISCHE ZEITUNG v. 2.11.2005
Protest
wegen Strafverfahren gegen Eren Keskin in Istanbul, NEUE RHEINISCHE ZEITUNG
10.11.05
Schilys staatsautoritäres Erbe.
Innere Sicherheit: Große Koalition tritt in die Fußstapfen des abtretenden
Innenministers, in: FREITAG vom 18.11.2005.
Zivilcourage gegen staatliches
Unrecht, in: OSSIETZKY 25/2005, S. 909 ff.
Das
unheimliche Auge. Foltervorwürfe, Geheimflüge, der Fall El Masri – die
schwierige Kontrolle der Geheimdienste, in: LÜBECKER NACHRICHTEN vom 8.12.2005,
S. 3.
Schäubles Horrorliste, in: FREITAG
vom 23.12.2005
Neue Sicherheitsarchitektur? In: areal. Zeitschrift für kritisches denken und selbstbestimmtes handeln Nr.
10/2005, S. 9 f.
Überwachung ohne Grenzen. Zur
Entwicklung eines gesamteuropäischen Sicherheitssystems. Interview mit Dr. Rolf
Gössner, in: Junge Linke (Köln), Ja sicher,... schon klar! Ein Magazin zum
Thema Sicherheitswahn, Köln 2005.
Minister bedient sich am „Arsenal
von Diktaturen“. Interview mit Dr. Gössner, in: tz-München
17.12.05.
Schäubles Horrorliste, Interview auf
Nordwestradio (RADIO BREMEN/NDR) 17.12.05, 8:30 h, auf RADIO LORA, München,
03.01.2006.
BGH-Prozessbeobachtung „Grundrechte
am Flughafen außer Betrieb?“, Interview RADIO LORA 18.1.06
Sand im Getriebe unerwünscht, in:
FREITAG v. 27.01.2006; NEUE RHEINISCHE ZEITUNG 2/06
Verfassungsverteidiger gegen
Verfassungsschutz, Interview auf RADIO LORA, München, 21.02.2006; RADIO
UNERHÖRT Marburg 22.02.2006
Berufsverbotsverhandlung -
Prozessbeobachtung, in: RTV-Karlsruhe 10.03.2006; RADIO LORA.
Notizen und Hinweise
Unsere
Liga-Website ist noch im Umbau begriffen: www.ilmr.de
Impressum
Liga-Report - Informationsbrief der Internationalen Liga für
Menschenrechte,
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin, Tel. 030 – 396 21 22; Fax
030 – 396 21 47;
Mail: vorstand@ilmr.org;
Internet: www.ilmr.de
Redaktion
1/2006: Dr. Rolf
Gössner, Kilian Stein. Mitarbeit: Lore Kujawa, Mila Mossafer, Marianne
Reiff-Hundt.
ViSdP: Kilian Stein.
Spenden bitte an: Bank für Sozialwirtschaft,
Konto 33 17 100; BLZ 100 205 00