GRUNDRECHTE-REPORT 2007

Herausgegeben von:

Humanistische Union • Gustav Heinemann-Initiative Komitee für Grundrechte und Demokratie • Bundesarbeitskreis Kritischer Juragruppen PRO ASYL • Republikanischer Anwältinnen- und Anwälte-Verein Vereinigung demokratischer Juristinnen und Juristen • Neue RichterInnenvereinigung . Internationale Liga für Menschenrechte

Grundrechte-Report 2007 erschienen
Präsentation in Karlsruhe mit Prof. Dr. Jürgen Kühling,
Richter am Bundesverfassungsgericht a. D.

Bürgerrechtsorganisationen kritisieren Missachtung höchstrichterlicher Urteile

Karlsruhe, 21.5.2007

Staatliche Überwachung, Übergriffe und Ungleichbehandlung sorgen weiter für eine deutliche Kluft zwischen den Ansprüchen des Grundgesetzes und der Realität  der Achtung der Grundrechte in Deutschland. Das ist das Fazit des Grundrechte-Reports 2007, den Bundesverfassungsrichter a. D. Prof. Dr. Jürgen Kühling sowie die Her­ausgeber am Vormittag vor der Justizpressekonferenz in Karlsruhe vorstellten. 

Kühling nannte den Befund „insgesamt beunruhigend“.  Als Beispiel nannte er den staatlichen Umgang mit Ausländern und hier insbesondere illegalen Migranten. Er betonte, auch diese hätten Anspruch auf Wahrung ihrer Menschenwürde und staatli­chen Schutz ihrer Grund- und Menschenrechte. Als weiteren kritischen Punkt hob Kühling die Arbeit der Polizei in Deutschland hervor. Er nannte zahlreiche Beispiele flagranter Rechtsverletzungen, etwa eine Reihe vom Bundesverfassungsgericht als rechtswidrig verworfener Durchsuchungsaktionen. In diesem Zusammenhang regte er eine Sanktionierung durch angemessene und fühlbare Schadensersatzansprüche an.

Doch gebe es, so der ehemalige Richter weiter, auch gute Nachrichten. Kühling ver­wies auf positive Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Europäi­schen Gerichtshofs für Menschenrechte, die einem nachlässigen Umgang der Be­hörden und Gerichte mit den Grundrechten in zahlreichen Entscheidungen entge­gengetreten seien.

Die neun herausgebenden Menschen- und Bürgerrechtsorganisationen zeigen sich insbesondere besorgt über zunehmende Missachtung höchstrichterlicher Rechtspre­chung durch die gesetzgebende und vollziehende Gewalt – in diesem Jahr ein Schwerpunktthema des Reports. So zeigt eine Analyse der novellierten Polizeigeset­ze der Länder, dass diese insbesondere den zum Schutz der Menschenwürde formu­lierten, strengen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an die Telekommu­nikationsüberwa­chung nicht gerecht werden. Eine Entwicklung, die sich auch in der aktuellen Diskussion um „Online-Durchsuchungen“ spiegelt. Weitere Beispiele bilden Fälle aus dem Strafvollzug, in denen Gefangenen gerichtlich zugesprochene Hafter­leichterungen durch die jeweilige Anstaltsleitung verweigert wurden. 

Daneben thematisiert der diesjährige Report erneut die im Namen des so genannten „Krieges gegen den Terror“ geschürte Sicherheitshysterie, in deren Sog mittlerweile auch friedliche Globalisierungskritiker geraten. Der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Peter Grottian schilderte anläßlich der Präsentation als persönlich Betroffener, wie ihn der Verfassungsschutz wegen seines Engagements im Berliner Sozialforum aus­spähte. Dabei wies er auf die Parallelen zum jüngst erfolgten polizeilichen Großein­satz gegen Gegner des G8-Gipfels hin. „Hier wird aufgrund fadenscheiniger Vermu­tungen eine Kontaktschuld konstruiert, die dann zur Basis unverhältnismäßiger staat­licher Überwachung herangezogen wird“, kritisierte Grottian.

Der Grundrechte-Report 2007 greift daneben auch Einzelfälle schwerwiegender Grundrechtsverletzungen auf, etwa den des Heidelberger Lehrers Michael Csasz­kóczy auf, über den wegen seines antifaschistischen Engagements ein zunächst ge­richtlich bestätigtes Berufsverbot (mittlerweile aufgehoben) verhängt wurde, sowie die jahrelange Ausspähung eines Journalisten durch den Bundesnachrichtendienst.

Doch die Autorinnen und Autoren des Grundrechte-Reports legen nicht nur den Fin­ger in die Wunden grundrechtsgefährdender Irrwege, sie zeigen auch positive Bei­spiele der Verteidigung bürgerlicher Freiheiten auf. So fasst etwa Bundestagsvize­präsident a. D. Burkhard Hirsch in einem ausführlichen Beitrag die Diskussion um das Luftsicherheitsgesetz und das richtungweisende Urteil des Bundesverfassungs­gerichts dazu zusammen.

Der Grundrechte-Report erscheint seit 1997 jährlich zum Tag des Grundgesetzes (23.5.) und kritisiert Beeinträchtigungen von Grund- und Menschenrechten durch staatliche Gewalt. Herausgebende Organisationen sind die Humanistische Union, die Gustav Heinemann-Initiative, das Komitee für Grundrechte und Demokratie, der Bundesarbeitskreis Kritischer Juragruppen, die Bundesarbeitsgemeinschaft PRO ASYL, der Republikanische Anwältinnen- und Anwälte-Verein, die Vereinigung de­mokratischer Juristinnen und Juristen, die Neue RichterInnenvereinigung und die Internationale Liga für Menschenrechte.

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Sven Lüders, Bundesgeschäftsstelle Humanistische Union Tel. 030 / 20 45 02-56; E-Mail info@humanistische-union.de

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Heiko Habbe, Redaktion Grundrechte-Report Tel. 040 / 439 70 39; E-Mail

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