PRESSEMITTEILUNG Bremen,
2. Februar 2010
DNA-Duschen unterm Polizeischirm – aber ohne Rechtsgrundlage?
In einer
grundsätzlichen Erklärung zum kürzlich auch in der Bürgerschaft behandelten Einsatz
von DNA-Sprühanlagen macht Rolf Gössner, parteiloser Vertreter der
Fraktion DIE LINKE in der Innendeputation, auf die nach wie vor ungeklärte
Rechtslage aufmerksam: „Mit dem Betrieb von DNA-Sprühanlagen durch
privat-kommerzielle Unternehmen wird juristisches Neuland betreten. Angesichts
der unklaren Situation bedarf es dringend einer rechtlichen Klärung, und zwar
bevor solche Anlagen weiter in Betrieb genommen werden.“
So sei bereits
umstritten, ob es sich beim Besprühen von verdächtigen Personen mit „künstlicher
DNA“ überhaupt um einen Eingriff in Grundrechtspositionen handelt – was die
Innenbehörde offenbar verneint, weshalb sie auch ganz ohne Rechtsgrundlage
auszukommen scheint. Datenschützer sehen demgegenüber im Markierungsvorgang
einen Eingriff in das Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung, weshalb
eine gesetzliche Eingriffbefugnis unabdingbar sei. Dabei sind sie sich jedoch
uneins, ob es für diese strafverfolgende Maßnahme von privater Seite eine
Rechtsgrundlage gibt. Die einen sehen eine solche im Bundesdatenschutzgesetz,
die anderen meinen, dass strafverfolgende Maßnahmen grundsätzlich nur
staatlichen Sicherheitsbehörden zustehen, nicht aber Privaten.
Nach Auffassung
von Rolf Gössner „wird die primär als Präventionsinstrument zur Abschreckung potentieller
Einbrecher oder Räuber gedachte DNA-Sprühanlage zu einem Strafverfolgungsinstrument,
sobald ein mutmaßlicher Täter mit künstlicher DNA personenbezogen als
verdächtig markiert wird, um ihn später identifizieren und überführen zu
können. Dieser Markierungsvorgang ist als strafprozessualer Eingriff in das
Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung zu werten, der einer tragfähigen
Rechtsgrundlage bedarf.“
Dass
inzwischen, laut Innenbehörde, die privaten Betreiber von
DNA-Sprühvorrichtungen unter „Schirmherrschaft“ der Polizei agieren und einer
polizeilichen Unbedenklichkeitsbescheinigung bedürfen sollen, hält Gössner für
ungenügend: „Mit dieser Konstruktion von ‚DNA-Duschen unterm Polizeischirm’
werden die privaten Betreiber zu staatlich lizenzierten Kooperationspartnern
der Polizei auf dem Gebiet der Strafverfolgung gekürt. Damit will sich die Innenbehörde
offenbar über die zweifelhafte Rechtslage hinwegretten. Eine solche Hilfskonstruktion
halte ich für problematisch, solange die Rechtslage nicht wirklich geklärt
ist.“
Neben den
rechtlichen gebe es beim Betrieb von DNA-Sprühanlagen noch weitere Probleme.
So sei nicht auszuschließen, so Gössner, „dass Beschäftigte in solchen Betrieben
im Ernstfall einer besonderen Gefährdung ausgesetzt werden, wenn etwa ein Täter
mit Gewalt verhindern will, dass die Sprühanlage ausgelöst wird.“ Im Übrigen
sei vorauszusehen, dass entschlossene Täter sich künftig keine derart
gesicherten Objekte aussuchten, was zu einem problematischen Verdrängungseffekt
führen würde. Außerdem liefe der Markierungseffekt praktisch ins Leere, wenn
sich Täter künftig mit Ganzkörper-Duschbekleidung schützten.