Pressemitteilungen der „Internationalen Liga für Menschenrechte“

 

07. März 2008

 

„Verfassungsschutz hält bürgerrechtlich-demokra­tisches Engagement für beobachtungswürdig“

Online-Magazin  erinnert in heutiger Ausgabe an fortwährende geheimdienstliche Beobachtung von Liga-Präsident Rolf Gössner

Liga fordert Verfassungsschutz und Bundesregierung auf, die Überwachung unverzüglich einzustellen und sämtliche erfassten Daten offen zulegen

Heute veröffentlicht die Illustrierte „stern“ in ihrem Online-Magazin „stern.de“ die absurde Geschichte einer jahrzehntelangen Beobachtung durch den Inlandsgeheimdienst „Verfassungsschutz“

(>Verfassungsschutz: Schlapphüte sehen rot< von Wolfgang Metzner, in: www.stern.de; direkt unter: http://www.stern.de/politik/deutschland/612872.html).

Es ist die Geschichte von Rolf Gössner, der bereits seit 1970 als Jurastudent, später als Gerichtsreferendar und seitdem ein Arbeitsleben lang in allen seinen beruflichen und ehrenamtlichen Funktionen unter Beobachtung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) steht – als Publizist, Rechtsanwalt und parlamentarischer Berater, seit 2003 auch als Präsident der „Internationalen Liga für Menschenrechte“ und seit 2007 als gewähltes Deputationsmitglied der Bremer Bürgerschaft sowie als stellvertretender Richter am Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen.

Nachdem Rolf Gössner bereits im Frühjahr 2006 gegen die Bundesrepublik Deutschland Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln wegen dieser fast 38jährigen Beobachtung einreichte, wird für dieses Frühjahr endlich mit der mündlichen Verhandlung gerechnet. Die Klage ist auf vollständige Auskunft des BfV über alle zu seiner Person gespeicherten Daten gerichtet, da der Bundesverfassungsschutz ihm die Auskunft über insgesamt 17 als Verschlusssachen eingestufte Informationen aus Gründen der „Geheimhaltung“ und zum Schutz von „Quellen“ verweigert hat. Außerdem soll die Rechtmäßigkeit der Datenerfassung gerichtlich überprüft und eine Löschung der Daten erstritten werden.

Dieses Verfahren hat nach Auffassung der Liga über den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung, denn es geht um ein brisantes Problem, das auch andere Publizisten, Rechtsanwälte und Menschenrechtler betrifft: Welche Grenzen sind den kaum kontrollierbaren Nachrichtendiensten und ihren geheimen Aktivitäten gezogen – besonders im Umgang mit Berufsgeheimnisträgern und im Rahmen unabhängiger Menschenrechtsarbeit von Nichtregierungsorganisationen? Erst kürzlich hat das Verwaltungsgericht Köln die Beobachtung des Abgeordneten Bodo Ramelow (Fraktion Die Linke im Bundestag) für rechtswidrig erklärt.

Der „stern“ berichtet in seinem heutigen Artikel auch darüber, dass Rolf Gössner und die Liga als Mitherausgeber des GRUNDRECHTE-REPORTS - Zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland (Fischer-Taschenbuch, Frankfurt/M.) am 12. April 2008 zusammen mit anderen Bürgerrechtsgruppen die „Theodor-Heuss-Medaille“ 2008 verliehen bekommen. Mit der Verleihung durch die „Theodor-Heuss-Stiftung“ werden Personen und Gruppen gewürdigt, die sich durch "vorbildliches demokratisches Verhalten, bemerkenswerte Zivilcourage und beispielhaften Einsatz für das Allgemeinwohl" verdient gemacht haben.

„Mit welchem Recht“, fragt Liga-Vizepräsident Kilian Stein, „nennt sich eine Behörde ‚Verfassungsschutz’, die ein solch auszeichnungswürdiges demokratisches Engagement offenbar für brandgefährlich und beobachtungswürdig hält?“ Die geheimdienstliche Langzeitüberwachung eines Rechtsanwalts, Publizisten und Menschenrechtlers verletze die Persönlichkeitsrechte, den Informantenschutz, das Mandatsgeheimnis und „die ausforschungsfreie Sphäre, die für regierungsunabhängige Menschenrechtsgruppen unabdingbar ist“. Dazu zählten eben auch Kontakte zu „inkriminierten“ Gruppen und Personen, die der Verfassungsschutz für beobachtenswert hält. Deshalb fordert die Liga, die Beobachtung unverzüglich einzustellen und dem Betroffenen sämtliche Daten offen zu legen.

Der Freiburger Rechtsanwalt Dr. Udo Kauß, Prozessbevollmächtigter von Dr. Gössner und Landesvorsitzender der Humanistischen Union, erklärt: „Es sollte dem Verfassungsschutz verboten sein, meinen Mandanten in Zusammenhang mit seinen vielfältigen anwaltlichen, journalistischen, rechtspolitischen und wissenschaftlichen Tätigkeiten über Jahrzehnte zu überwachen - zumal dieser nach ausdrücklicher Versicherung des Verfassungsschutzes keine "Zielperson" und auch kein sogenannter Linksextremist ist. Es kann allein schon aus diesem Grunde nicht hingenommen werden, dass ihm der Verfassungsschutz nun auch noch jegliche Auskunft über angeblich geheimhaltungsbedürftige Informationen verweigert und diese noch nicht einmal in anonymisierter Form zur Kenntnis gibt. Offenbar hat der Verfassungsschutz etwas zu verbergen. Ich bin zuversichtlich, dass das hierzu angerufene Verwaltungsgericht Köln solcher Art von ‚Kontakt-Überwachung’ einen Riegel vorschiebt."

 

28. März 2008

Geheimdienstlicher Überwachungsskandal:

ein Fall für den Bundesrechnungshof

„Internationale Liga für Menschenrechte“
hält 38jährige Beobachtung ihres Präsidenten Rolf Gössner
für Verschwendung öffentlicher Gelder

 

Angesichts der fortdauernden geheimdienstlichen Beobachtung von Liga-Präsi­dent Dr. Rolf Gössner durch das Bundesamt für Verfassungsschutz beabsichtigt die „Internationale Liga für Menschenrechte“, den Bundesrechnungshof mit dieser Angelegenheit zu befassen. Die sich über fast achtunddreißig Jahre hinziehende Dauerüberwachung seiner beruflichen und ehrenamtlichen Kontakte – als Rechtsanwalt, Publizist, parlamentarischer Berater und Men­schenrechtler sowie seit 2007 auch als Deputierter der Bremer Bürgerschaft und stellvertretender Richter am Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen – hält die Liga nicht allein für einen Verfassungsbruch in Permanenz, sondern auch für eine ans Lächerliche grenzende Verschwendung von Steuergeldern.

Deshalb handelt es sich nach Auffassung der Liga auch um einen Fall für den Rechnungshof – eine unverhältnismäßige Überwachungsgeschichte, die parallel zum derzeit laufenden Prozess des Betroffenen vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen die Bundesrepublik Deutschland auch unter fiskalischen Aspekten aufgeklärt werden muss.